Rechts- und Forensische Psychologie
Die Rechtspsychologie kann eigentlich als das erste Anwendungsfach der Psychologie gelten. Bereits zu Beginn des letzten Jahrhunderts wurden umfangreiche Forschungsarbeiten zu verschiedenen rechtspsychologischen Fragestellungen durchgeführt, die die Grundlage für sachverständige Stellungnahmen in praktischen Einzelfällen lieferten. Aufgrund der Breite der Fragestellungen bestehen enge Verknüpfungen der Rechtspsychologie zu fast allen Grundlagen- und zu anderen angewandten Fächern (z. B. Allgemeine Psychologie bei der Beurteilung von Zeugenaussagen, Sozialpsychologie bei der Analyse von richterlichen Entscheidungsprozessen, Entwicklungspsychologie bei der Entstehung und Entwicklung kriminellen Verhaltens, Klinische Psychologie bei der Straftäterbehandlung, Psychologische Diagnostik bei allen Begutachtungsfragestellungen, Psychopharmakologie bei Schuldfähigkeit). Zudem ist die Rechtspsychologie ihrem Wesen nach interdisziplinär angelegt und nimmt Bezug auf Erkenntnisse der Kriminologie, forensischen Psychiatrie, Sexualmedizin und der Rechts- und Kriminalsoziologie. Es existiert eine Weiterbildung zum Fachpsychologen für Rechtspsychologie gemäß der Weiterbildungsordnung der Föderation der Deutschen Psychologenvereinigungen. Inhaltlich dient Rechtspsychologie als Bezeichnung für alle Gegenstandsbereiche, die eine Interaktion rechtlicher und psychologischer Problemstellungen beinhalten. Eine Psychologie im Recht zielt darauf ab, Fragen des Rechts an die Psychologie zu beantworten, ohne dass die rechtlichen Ziele selbst Gegenstand der Analyse sind. Eine Psychologie des Rechts unterzieht dagegen das Recht selbst einer kritischen Betrachtung unter psychologischer Perspektive. Rechtspsychologie ist also einerseits der Oberbegriff für Teilbereiche, die mit den Begriffen Forensische Psychologie (Begutachtungskunde) oder Kriminalpsychologie (Lehre von den Erscheinungsformen und der Entstehung von Verbrechen) bezeichnet werden. Die Übergänge zwischen den verschiedenen Bereichen sind dabei teilweise fließend.
Forensisch-psychologische Diagnostik
Forensisch-psychologische Diagnostik bezeichnet die Anwendung psychologischer Diagnostik zur Vorbereitung von rechtlichen Entscheidungen. Fragestellungen umfassen beispielsweise die Beurteilung der Glaubhaftigkeit von Aussagen, die Voraussetzungen der Schuldfähigkeit eines Angeklagten, die prognostische Einschätzung der weiteren Gefährlichkeit eines Straftäters oder die Regelung der elterlichen Sorge.
Kriminalpsychologie
Kriminalpsychologie beschäftigt sich mit der Beschreibung, Erklärung, Vorhersage und der Prävention kriminellen Verhaltens von Individuen. Es geht dabei auch um die Wirkungen verschiedener Sanktionsformen und die besonderen Bedingungen der Behandlung von Straftätern. Auch die Beschäftigung mit den Opfern von Straftaten (Viktimisierungsrisiken, Bewältigung von Opfererfahrung; Kriminalitätsfurcht) wird i. d. R. dieser Teildisziplin zugeordnet.
Psychologie der Rechtsanwendung
Des Weiteren integriert der Begriff Rechtspsychologie Themenbereiche, die weder der Forensischen noch der Kriminalpsychologie mit ihren dem Recht «dienenden» Funktionen zugeordnet werden können. Dabei geht es um rechtliches Handeln, die Psychologie der Rechtsanwendung sowie des Rechtsempfindens und um die Analyse der rechtlichen Verwendung psychologischer Konzepte wie Wille, Vorsatz, Verantwortlichkeit oder Reife, um richterliche Urteilsbildung, um sozialpsychologische Prozesse in Hauptverhandlungen oder um Umstände, unter denen Verfahren als gerecht erlebt werden.