Alltagstheorien
[engl. subjective theories of everyday life], [KOG, PER, SOZ], sind die Auffassungen, welche sich Menschen über ihre alltägliche Lebenswelt herausgebildet haben: Zuschreibungen von Eigenschaften, insbes. von Ursachen (Kausalattribution), und andere Konzepte, wie sich Menschen in der Welt orientieren und Zusammenhänge begreifen. Im weiteren Sinn sind auch die vorwiss. Ansichten, z. B. über Krankheiten und deren Behandlung, Vorgänge in der Natur, das Wetter, zu nennen. Alltagstheorien haben die wichtige Funktion, sowohl das eigene Leben als auch das Verhalten anderer Menschen verstehbar, subj. voraussagbar und scheinbar kontrollierbar zu machen. Nach Fritz Heider ist die common sense psychology das unformulierte oder halbformulierte Wissen über interpersonale Beziehungen, wie es in unserer Alltagssprache und Erfahrung ausgedrückt wird. Er gibt Regeln an, nach denen dieses Alltagswissen in kogn. Einheiten strukturiert ist und wie diese nach ausgewogenen Beziehungen zueinander streben (Balance-Theorien, Gleichgewichtstheorien). Außerdem beschreibt Heider, wie die Handlungen anderer populär erklärt werden, indem Motive und Ursache zugeschrieben werden (Attribuierung interner und externer Ursachen). Persönliche Konstrukte eines Menschen (i. S. von Kelley) bez. – im Unterschied zu den Erklärungshypothesen der Wissenschaftler – Schemata zur Erfassung der Welt. Die Menschen gehen, um andere Personen oder die Ereignisse in der Welt zu verstehen, wie Wissenschaftler vor – so lautet auch die grundlegende Behauptung von Kelley. Menschen interpretieren ihre Wahrnehmungen, sie entwickeln Annahmen, prüfen und entwickeln diese an ihren wiederkehrenden Erfahrungen.
Naive Ps. sucht mit «gesundem Menschenverstand» nach stimmigen (konsistenten) Informationsmustern, um eigene und fremde Verhaltensweisen verstehen bzw. einschätzen zu können. Solche Konzepte (und Vorurteile) des «Alltagswissens» werden in vielen Lebensbereichen eine große praktische Bedeutung haben. Sie werden auch als implizite Konzepte(Theorien) bez., weil sie in der Alltagspsychologie verborgen sind, oft unterschwellig und nicht ausformuliert, sie werden kaum mitgeteilt, sondern müssen erst erschlossen werden. Alltagstheorien können sich als soziale Vorurteile auswirken und sich zu einflussreichen kollektiven Haltungen und Ideologien entwickeln. Der Begriff subjektive Theorie wird oft syn. gebraucht oder bez. eine eher abgegrenzte Konzeption oder spez. Erklärungsweise im Unterschied zu sehr umfangreichen und entspr. unscharfen Begriffen wie Menschenbild und Weltanschauung. Populärpsychologie.