Domestikation
[engl. domestication; lat. domus Haus], syn. Domestizierung, [BIO], ist ein innerartlicher Veränderungsprozess von Organismen (Wildtieren oder -pflanzen), bei dem diese durch den Menschen über Generationen hinweg genetisch isoliert von der Wildform gehalten bzw. gezüchtet werden (Verhaltensgenetik). Zweck der Domestikation ist die Verwendung als Nutz- oder Haustier. Ist dies geschehen, spricht man von der Domestiziertheit des ursprünglichen Wildtiers. Durch das Einsetzen der Domestikation einer Tierart werden die Voraussetzungen für die Entwicklung der Art entscheidend verändert. Die natürliche evolutionäre Entwicklung wird durch künstliche Auswahl des Menschen nach Zuchtkriterien ersetzt. Die genetischen Eigenschaften der Tiere ändern sich daher i. R. der Domestikation. Durch Domestikation des Wolfes z. B. entstand die Vielzahl der Hunderassen. Durch den fehlenden Druck der natürlichen Selektion sowie durch die menschliche Zuchtwahl kann es zu Verkümmerungen insbes. der Sinne und zu unphysiol. Körperformen kommen. Solche Domestikationseffekte sind u. a.: (1) Abnahme der Gehirnmasse um 20–30%, Rückgang der Furchung insbes. in den für die Verarbeitung der Sinneseindrücke bedeutsamen Gehirnarealen; (2) Verstärkung für den Menschen nützlicher Eigenschaften (z. B. Milchleistung beim Rind); (3) Änderung und Verlust von Verhaltensweisen (z. B. reduzierte Aggressivität, weniger gut entwickeltes Flucht- und Verteidigungsverhalten; (4) steilere Stirn, Gebissrückbildung; (5) Änderung der Fellfarbe von Tarnfarben hin zu vielfältigeren, auffälligen Farbvarianten. Manche Biologen (u. a. Konrad Lorenz) sprechen auch von der Verhaustierung des Menschen im Zuge seiner Evolution. So erweisen eine Reihe menschlicher Rassenmerkmale (Unterschiede der Färbung des Haarkleides, der Kopfform) sowie einige allg.menschliche Eigenschaften (wie Gebissrückbildung) auch den Menschen als Domestikationsform, die vielleicht durch Selbst-Domestikation entstand. Nach K. Lorenz (1943) erfolgt beim Menschen durch Domestikation ein Abbau instinktiver Verhaltensweisen. Dadurch gewinnt sein Verhalten mehr Plastizität – eine der Voraussetzungen zur Menschwerdung. Unter Ded. versteht man die Umkehrung der Haustierwerdung, also das Entstehen einer Wildart aus einem Haustier.