Entscheiden, Entscheidungstheorie
[engl. decision making], [EM, KOG], Entscheiden ist der Prozess des Wählens zw. mind. zwei Optionen, mit dem Ziel erwünschte Konsequenzen zu erreichen und unerwünschte Konsequenzen zu vermeiden. Der Prozess führt im günstigen Fall zu einer Entscheidung. Durch die Entscheidung wird eine Option ausgewählt und der Entschluss (die Intention) gebildet, diese zu realisieren, z. B. indem eine Handlung ausgeführt wird. Entscheiden wird i. d. R. dem Forschungsfeld des Judgment and Decision Making (JDM) zugeordnet. Dort wird allerdings nicht immer klar zw. Urteilen und Entscheiden unterschieden. Entscheiden geht aber i. d. R. über Urteilen hinaus, da sich Entscheiden im Unterschied zu Urteilen auf die Bildung einer Handlungsintention bezieht und damit direkt handlungsbestimmend ist. Nichtsdestotrotz beruht Entscheiden häufig auf Urteilen, bes. über den Wert von Handlungsoptionen und die Wahrscheinlichkeit, dass diese eintreffen. In Abhängigkeit davon, ob Konsequenzen von Handlungen sicher eintreffen oder nicht, wird zw. Entscheiden unter Sicherheit oder Unsicherheit (uncertainty) unterschieden (Entscheiden unter Unsicherheit). Sind die Wahrscheinlichkeiten des Eintreffens von Handlungskonsequenzen zumindest bekannt, spricht man von Entscheiden unter Risiko. Die moderne Entscheidungsforschung hat ihren Ursprung in der Wahrscheinlichkeitstheorie und den Annahmen der Erwartung-Wert-Theorien. Sie besagt, dass beim Entscheiden die Option gewählt wird, die den höchsten erwarteten Wert aufweist. In ihrer Weiterentwicklung galt der ökonomische Ansatz des subj. zu erwartenden Nutzens (SEU-Theorie) lange Zeit als die zentrale Entscheidungstheorie, mit der tatsächliches Entscheiden in Beziehung gesetzt wurde. Das geschah v. a. mithilfe des Lotterieparadigmas. Die daraus resultierende Beobachtung von zahlreichen sog. «Entscheidungsanomalien» führte zu stärker ps. Ansätzen, wie bspw. dem Heuristics-and-Biases-Forschungsprogramm (Entscheidungsheuristiken). Während sich die Entscheidungsforschung lange Zeit hauptsächlich mit der selektionalen Phase der Bewertung und Entscheidung befasst hat, geht es in neueren Arbeiten zum Entscheiden vermehrt auch um Aspekte der präsektionalen Phase (z. B. Generierung von Handlungsoptionen) und der post-selektionalen Phase (z. B. Bewertung von Handlungsfolgen). Damit wird auch der Tatsache Rechnung getragen, dass Entscheiden oft wiederholt stattfindet und Prozesse des Lernens (Lernen, Lernforschung) eine bedeutende Rolle dabei einnehmen.