figurale Nachwirkung
[engl. figural after-effect], [WA], Klasse von Nacheffekten in der visuellen Wahrnehmung, bei denen eine Figur durch eine vorher für einige Min. beobachtete benachbarte Figur verschoben, vergrößert oder verkleinert erscheint; der Nacheffekt ist lokal, d. h., die Verschiebung kann z. B. in versch. Teilen des Gesichtsfeldes verschieden sein. Neben den von Köhler & Wallach (1944) beschriebenen figuralen Nachwirkungen i. e. S. wird der Begriff manchmal in einem weiteren Sinne verwendet und schließt ähnliche Nacheffekte ein, z. B. die Änderung der scheinbaren Krümmung nach längerer Betrachtung einer gekrümmten Linie (Gibson, 1933), die Änderung der scheinbaren Neigung nach längerer Betrachtung einer geneigten Linie, die Änderung der scheinbaren Ortsfrequenz nach längerer Betrachtung eines Streifenmusters mit best. Ortsfrequenz. Ein wesentliches Merkmal figurale Nachwirkung (und der ähnlichen Nacheffekte) ist das Distanz-Paradox: Der Nacheffekt steigt zunächst an, wenn der im Test verwendete Reiz dem länger beobachteten Reiz unähnlicher wird (weiter entfernt, größer, kleiner, stärker in Krümmung, Neigung oder Ortsfrequenz abweichend); bei noch weiter zunehmender Unähnlichkeit sinkt der Nacheffekt auf null. Köhler erklärte figurale Nachwirkungen als Folge von Sättigung best. Hirnareale; dadurch soll dann eine «Abstoßung»/Verzerrung der nachfolgenden Erregungsströme erfolgen (Gestalttheorie, Isomorphismus). Eine moderne Variante der Sättigungstheorie ist die Hypothese der selektiven Adaptation. Zumindest bei einigen der Nacheffekte spielen weitere Prozesse eine Rolle (Normalisierung).