Intelligenzdiagnostik

 

[engl. assessment of intelligence], [DIA, FSE], die Diagnostik des Konstrukts Intelligenz orientiert sich an Strukturmodellen der Intelligenz und bildet den Schwerpunkt der psychol. Leistungsdiagnostik. Sie ermöglicht durch die Darstellung eines normbasierten und ressourcenorientierten Leistungsprofils die Feststellung der kogn. Leistungsfähigkeit einer Person. Aussagen über die kogn. Leistungsfähigkeit spielen auch in vielen klin. Anwendungsbereichen eine wichtige Rolle. Bei der differenzialdiagn. Abklärung bei Verhaltensstörungen kann die Intelligenzdiagnostik Informationen über mögliche Ursachen (wie z. B. Über- oder Unterforderung in der Schule) liefern, wobei sich Verhaltensprobleme als Folge einer Diskrepanz zw. emot. und kogn. Entwicklung entwickeln können. Darüber hinaus sind einige psych. Störungen mit kogn. Defiziten assoziiert (z. B. spezif. Probleme in Aufmerksamkeit und Gedächtnis bei depressiven Störungen, die sich auch über einen Intelligenztest abbilden lassen). Auch für die Abklärung von Verhaltens- und Persönlichkeitsstörungen, die sich als Begleitsymptome einer neurologischen Erkrankung (wie Schlaganfall, Demenz, Epilepsie) einstellen können, stellt die Intelligenzdiagnostik einen wichtigen Baustein dar (Holling et al., 2004). Mithilfe einer breiten Intelligenztestbatterie lässt sich dabei aber auch herausarbeiten, welche indiv. kogn. Defizite als Folge der Hirnschädigung auftreten können und welche Bereiche unbeeinträchtigt geblieben sind. Daher kann gerade in diesem Kontext die Abb. eines Profils der kogn. Stärken und Schwächen einer Person hilfreich sein und i. R. einer anschließenden neurologischen Rehabilitationsmaßnahme genutzt werden, auch um Therapieziele in der Behandlung festzulegen. Hier erscheint es gleichzeitig von Bedeutung, das prämorbide Leistungsniveau abzuschätzen. Bes. in der sozialmed. Rehabilitation steht die Feststellung und Wiederherstellung von Berufsfähigkeit oder die Frage nach alternativen Maßnahmen (Umschulung, Verberentung) zur Diskussion, für die ebenfalls Informationen einbezogen werden sollten, die sich auf das kogn. Niveau eines Pat. vor und nach der Erkrankung beziehen. Bei Kindern und Jugendlichen stehen hingegen Fragen im Umfeld der schulischen und beruflichen Bildung im Vordergrund. I. R. einer Indikationsstellung tragen die Ergebnisse der Intelligenzdiagnostik außerdem dazu bei, die Passung zw. Pat. und Psychoth.form sicherzustellen. Dabei kann die Psychoth. an das kogn. Niveau des Pat. adaptiert werden (z. B. kogn. Therapie bei Depression). Aber auch für die Zuweisung zu einer passenden Behandlungsmaßnahme ist es erforderlich, die kogn. Fähigkeiten einzuschätzen. Eine bes. Rolle spielt die Intelligenzdiagnostik bei Kindern und Jugendlichen. Das Multiaxiale Klassifikationsschema für psych. Störungen des Kindes- und Jugendalters (MAS, Remschmidt et al., 2012) sieht eine eigene Bewertungsachse (Achse III) für die Einschätzung der Intelligenz vor, für die i. R. einer multiaxialen Beurteilung Informationen einzuholen sind. Die Feststellung der kognitiven Fähigkeiten erfolgt mit dem Ziel, vorliegende psych. Probleme und Verhaltensstörungen einzuordnen, ein angemessenes psychoth. Vorgehen auszuwählen und gleichzeitig eine Prognose über den Therapieverlauf und die weitere Leistungsentwicklung abgeben zu können. So werden psych. Auffälligkeiten im Kontext einer Intelligenzminderung anders bewertet als bei Kindern und Jugendl. mit mind. durchschnittlichen kogn. Fähigkeiten. Für die Diagnosestellung einer umschriebenen Entwicklungsstörung gehört die Einschätzung des kogn. Niveaus zu den zentralen Kriterien. Hierbei ist zu klären, welches Erhebungsverfahren sich am besten eignet, da als Voraussetzung für die Wahl gilt, dass die umschriebene Teilleistungsstörung sich nicht auf die kogn. Fähigkeiten auswirken soll. Daher sollte bei der Diagnostik von umschriebenen Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache oder der Lese-Rechtschreib-Störung ein sprachfreies Verfahren (Nonverbaler Intelligenztest (SON-R 2½-7 bzw. Nonverbaler Intelligenztest für Kinder und Erwachsene im Alter von 6;0 bis 40;11 Jahren (SON-R 6-40), Wechsler Nonverbal Scale of Ability (WNV)) gewählt werden. Dies gilt auch für Personen und Fragestellungen, bei denen soziale oder kult. Benachteiligungen einen Einfluss auf das Testergebnis ausüben können, wie bei Personen mit einem anderen muttersprachlichen Hintergrund. Um aus den Ergebnissen einer Intelligenzdiagnostik angemessene Schlussfolgerungen ziehen zu können, sind versch. Voraussetzungen zu beachten. Dazu gehören neben der Auswahl des passenden Erhebungsverfahrens auch ein Blick auf die Gütekriterien und die Vergleichswerte (Normierung). Eine hohe Messgenauigkeit (Reliabilität), die Unabhängigkeit der Ergebnisse vom Testleiter (Objektivität), der Nachweis, dass das ausgewählte Erhebungsverfahren für die gewählte Fragestellung geeignet ist, sowie eine aktuelle und repräsentative Normstichprobe stellen wichtige Kriterien für die Aussagekraft der erzielten Ergebnisse dar (Teststandards). Die Auswahl des passenden Erhebungsverfahrens orientiert sich am indiv. Leistungsniveau einer Person und an weiteren Variablen, die einen Einfluss auf das Testergebnis haben können. Dazu gehören vor allem die sprachlichen Fähigkeiten, aber auch sensorische Defizite (Beeinträchtigungen im Hören oder Sehen) oder andere körperliche Merkmale (wie z. B. halbseitige Lähmung nach Schlaganfall). Diagn. Instrumente, die zur Erfassung von Intelligenz eingesetzt werden, sind im Verzeichnis diagn. Verfahren im Index aufgeführt.

Referenzen und vertiefende Literatur

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