Selbstverletzendes Verhalten
[engl. self-injurious/-harming behavior], [KLI], unter Selbstverletzendes Verhalten wird eine funktionell motivierte, direkte und offene Verletzung oder Beschädigung des eigenen Körpers verstanden, die nicht sozial akzeptiert ist und die nicht mit suizidalen Absichten (Suizidalität) einhergeht (Petermann & Winkel, 2009). Betroffene verletzen sich meist durch Schneiden oder Ritzen der Haut; primär sind davon die Arme betroffen. Selbstverletzendes Verhalten tritt gehäuft unter Jugendlichen (Adoleszenz) auf (Petermann & Nitkowski, 2011): Eine Studie aus den USA schätzt die Lebenszeitprävalenz in der Gesamtbevölkerung auf ca. 5,9 % (Klonsky, 2011). Für Jugendliche werden Prävalenzraten zw. 13 % und 25,6 % für die Lebenszeit und ca. 24 % für den 12-Monats-Zeitraum berichtet. Im Vgl. zu Jungen schienen sich Mädchen häufiger selbst zu verletzen. Ein erstes Auftreten von nicht suizidalen Selbstverletzungen wird im Alter von 12 bis 14 Jahren verortet. Selbstverletzendes Verhalten ist von Suizidversuchen zu unterscheiden. Zw. beiden Phänomenen besteht in der Erscheinung eine gewisse Ähnlichkeit. Eine Nähe beider Konzepte besteht auch darin, dass Selbstverletzendes Verhalten das Risiko für Suizidversuche erhöht. Abzugrenzen sind beide Phänomene, gerade im Falle milder Suizidversuche, weniger gut anhand oberflächlicher Merkmale wie bspw. der gewählten Schädigungsmethoden, sondern vielmehr durch die inneren Vorgänge und Motive. Wichtigster Unterscheidungspunkt ist die Abwesenheit einer Suizidabsicht. Es ließen sich eine Reihe von Defiziten bei Betroffenen mit Selbstverletzendes Verhalten feststellen. So fanden sich Zus.hänge von Selbstverletzungen mit einer Schwankung in der emot. Aktivierung (Emotionen), einer geringeren Stresstoleranz (Stressbewältigung) und einer starken emot. Reaktivität in Selbstbericht. Die Betroffenen scheinen intensiven neg. Gefühlen gegenüberzustehen, für deren Bewältigung sie kaum über andere effektive Strategien als Selbstverletzendes Verhalten verfügen. Mehrere Studien konnten die emotionsregulierende Funktion (Emotionsregulation) von Selbstverletzendes Verhalten belegen: So gaben Betroffene an, dass nicht suizidale Selbstverletzungen die emot. Befindlichkeit verbessern und eine unangenehme psychophysiol. Erregung reduzieren können. Der Effekt scheint jedoch nicht nachhaltig zu sein und schon innerhalb von Std. wieder nachzulassen.