Soziolinguistik
[engl. sociolinguistics; lat. socius gemeinsam, lingua Zunge, Sprache], [KOG, SOZ], die Beschreibung und Systematisierung linguistischer Merkmale von gruppen-, schicht- und kulturspezif. Sprachgebrauch (Sprache) in Abhängigkeit von soziologisch erfassbaren Daten; sie beschäftigt sich demgemäß mit Gesetzlichkeiten von kollektivem Kommunikationsverhalten. Dies stellt die Soziolinguistik in ein komplementäres Verhältnis zur Psycholinguistik, die ihrerseits mit den Voraussetzungen und dem Vorkommen des Sprechens als sozialer Tätigkeit von Individuen befasst ist (Sprachproduktion). Mit der Psycholinguistik verbindet die Soziolinguistik nicht nur das Interesse, mit je unterschiedlichem Schwerpunkt, am Thema Sprache/Sprechen, sondern auch eine Parallelität in der Wissenschaftsentwicklung im jeweiligen Bereich. In Dt. haben Soziolinguistik und Psycholinguistik eine bedeutende Tradition (im Falle der Soziolinguistik die Völkerpsychologie von Steinthal und Lazarus 1860–1890 und Wundt, 1900), und beide haben in den letzten zwei Jahrzehnten, ausgehend von angloamerik. Impulsen, eine bes. – wenn auch thematisch jew. eingeschränkte – Aktualität gewonnen. Diese besteht bei der Soziolinguistik in einem sozialpolitischen Engagement: Ausgehend von der Erkenntnis, dass einerseits in hoch entwickelten Leistungsgesellschaften die Sprachfähigkeit eine entscheidende Rolle für persönliche Entfaltungsmöglichkeiten spielt, und von der Beobachtung andererseits, dass unterschiedliche Schichten der Bevölkerung über unterschiedliche sprachliche Gewohnheiten und Fertigkeiten verfügen (bei Bernstein, 1970: Mittelschicht: elaborierter Code; Unterschicht: restringierter Code), wird die Forderung erhoben, durch ausgleichende bildungspolitische Maßnahmen soziale Ungerechtigkeiten zu mildern. Bildungschancen, Bildungsdefizit.