Sucht- und Substanzbezogene Störungen, Psychopharmakotherapie
[engl. substance-related disorders, psychopharmacotherapy], [KLI, PHA], bei der Pharmakotherapie von Sucht- und Substanzbezogenen Störungen müssen mehrere Indikationsbereiche unterschieden werden: (1) Im Bereich der schweren akuten Intoxikation sind notfallmed. Maßnahmen erforderlich, die von den spezif. Substanzwirkungen abhängen. (2) Für die Akutbehandlung mittel- bis schwergradiger Entzugssyndrome sind Clomethiazol (ein Thiazolderivat mit sedativen, hypnotischen und antikonvulsiven Eigenschaften) und Diazepam als Mittel der ersten Wahl zur Behandlung des Alkoholentzugssyndroms und des Alkoholentzugsdelirs empfohlen. Bei deliranten und halluzinatorischen Syndromen kann zusätzlich eine neuroleptische Medikation erfolgen (z. B. Butyrophenone, Tiaprid, Carbamazepin, Clonidin). (3) Zur Rückfallprophylaxe werden häufig sog. Anti-Craving-Medikamente eingesetzt, die die längerfristigen Entzugssymptome lindern und das Suchtverlangen abschwächen sollen. Diese wiederum lassen sich unterteilen in Medikamente zur Substitution des primären Rauschmittels, Rezeptorantagonisten und andere Psychopharmaka. In der Substitutionstherapie Opiatabhängiger kommen in erster Linie Substitutionsopioide mit verringertem Abhängigkeitspotenzial (z. B. Buprenorphin, Methadon, Polamidon, Dihydrocodein/Codein, Diamorphin, retardierte Morphine) zum Einsatz, in der Tabakentwöhnung Nikotinersatzprodukte (Pflaster, Sprays, Sublingualtabletten). In der Alkoholentwöhnungsbehandlung haben sich insbes. Acamprosat (inhibitorischer Neuromodulator mit glutamatantagonistischer Wirkung) und Naltrexon (Opiatantagonist mit dopaminabschwächender Wirkung) bewährt. Des Weiteren kommen gelegentlich Antidepressiva oder Neuroleptika zum Einsatz. Während die meisten dieser übrigen Psychopharmaka in der Suchttherapie off-label eingesetzt werden können, besitzt bspw. der selektive Noradrenalin- und Dopamin-Wiederaufnahmehemmer (NDRI) Bupropion eine Zulassung für die Tabakentwöhnung in Dt. Die Evidenzlage (Evidenzbasierung) zeigt, dass eine Reihe von Anti-Craving-Medikamenten die Abstinenzrate mit mittleren bis hohen Effektstärken verbessert. Kern einer jeden Entwöhnungsbehandlung sollte jedoch die dauerhafte Verhaltensänderung mittels verhaltenstherap. Interventionen (Sucht- und Substanzbezogene Störungen, Psychotherapie) darstellen, die in der Entzugsphase nach gründlicher Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses (Nebenwirkungen und -risiken) durch adjuvante Medikation unterstützt werden kann.