Verzeihen
[engl. forgiveness], [EM, SOZ], bezeichnet einen inter- und intrapersonalen Prozess, der sich in einer prosozialen Veränderung von Affekt, Kognition und dem Verhalten gegenüber einem Schadensverursacher äußert. Verzeihen ist intentional, bedingungslos, nicht notwendig und geschieht in der subj. Gewissheit über die Verantwortlichkeit des Täters (Schwennen, 2004). Gemäß McCullough et al. (1998) umfasst der Prozess des Verzeihens eine Abnahme der Motivation, Rache zu suchen sowie den Kontakt zum Schadensverursacher zu vermeiden, während die prosoziale Motivation (prosoziales Verhalten) gegenüber dem Verursacher der Verletzung nach dem Verzeihen zunimmt. Durch Verzeihen werden neg. Emotionen, Kognitionen und Verhaltensweisen der verzeihenden Person verringert oder ganz beseitigt. Als entscheidende Faktoren für Verzeihen erweisen sich die Ursachenzuschreibung und die nachfolgende Verantwortungsattribution auf den Verursacher sowie die empfundene Empathie und neg. affektive Reaktionen (Kausalattribution): Das Ausmaß, in dem die betroffene Person Empathie gegenüber dem Verursacher empfindet, bestimmt die Bereitschaft, zu verzeihen, und niedrig ausgeprägte neg. Affekte (z. B. Feindseligkeit) beeinflussen sie pos. Verzeihen hängt mit mehreren Persönlichkeitsmerkmalen (Persönlichkeitsmerkmal) zus.: Personen, denen es leichtfällt, zu verzeihen, sind weniger narzisstisch (Narzissmus), dafür aber empathischer und weisen hohe Verträglichkeits- und niedrige Neurotizismuswerte (Neurotizismus) auf (Berry et al., 2005). Auch soziale und interpersonale Faktoren beeinflussen den Verzeihprozess, insbes. Rechtfertigungen, Entschuldigungen und Reuebekundungen des Verursachers sowie die Qualität der Beziehung, in der das Vergehen stattfindet. Denn Commitment in einer Beziehung fördert Verzeihen (Finkel et al., 2002). Verzeihen steht in pos. Zusammenhang mit Wohlbefinden. (Toussaint et al., 2001).