Ablösung

 

[engl. detachment], [EW], gleichbedeutend mit der Lockerung oder Auflösung einer (seelischen) Verbundenheit bzw. Abhängigkeitsbeziehung zw. zwei oder mehreren Menschen. Ablösung von der Familie ist die Verselbstständigung eines Kindes von der Herkunftsfamilie, die größerenteils im Jugendalter verortet wird, wobei je nach theoretischer Perspektive stärker die Gewinnung der emot. Unabhängigkeit von den Eltern oder der indiv. Autonomie in den Vordergrund gestellt wird (Entwicklungsaufgaben). Entsprechend wird die Ablösung eher als Entwicklung des Individuums oder aber als familialer Prozess gesehen, an dem Eltern und Kind aktiv beteiligt sind. Während v. a. in älteren Ansätzen die erstere Sichtweise vorherrscht und in intrapsychischen, teils auch intrafamilialen Konflikten eine zentrale Rolle im Prozess der Ablösung auf dem Weg zur erwachsenen Selbstständigkeit zugeschrieben wird, konzeptualisieren neuere Formulierungen der Individuationstheorie Ablösung als Aushandlung der wechselseitigen Wahrnehmungen und einer neuen Balance zw. Nähe und Individualität, dessen Gelingen gerade durch die emot. Verbundenheit von Eltern und Kind als Basis gefördert wird. Für diese Sichtweise spricht, dass sich die in dieser Phase an Bedeutung gewinnenden Freunde und Peergroups seltener als Gegengewicht zu den Eltern-Kind-Beziehungen darstellen denn als Vergrößerung des sozialen Netzwerks um weitere eigenständige Beziehungen, wie auch die im Mittel zu beobachtende Ähnlichkeit von Eltern und Kind in Einstellungen und Werten. Als Verhaltensaspekt der Ablösung wird oft der Auszug aus dem Elternhaus angesprochen, der jedoch als punktuelles Ereignis eine erfolgte Ablösung kaum angemessen anzeigen kann und von vielfältigen kult., ökonomischen und indiv. Bedingungen abhängt. Während das Auszugsalter v. a. in der soziologischen Forschung fokussiert wurde, haben daher der längerfristige Prozess der Ablösung, seine Bedingungen und die Einflüsse auf die indiv. Entwicklung der Familienmitglieder stärker das Interesse der psychol. Forschung auf sich gezogen.

[KLI], in der Psychoanalyse die Auflösung der seelischen Bindung des Analysanden an den Analytiker (metaphorisch: die «Abnabelung» des Analysanden).