Apraxie
[engl. apraxia; gr. α- (a-) ohne, πρᾶξις (praxis) Tätigkeit, Handlung], [BIO, KOG], eine durch Hirnerkrankung oder -verletzung erworbene Unfähigkeit zur zielorientierten Ausführung von Bewegungen oder Bewegungshandlungen bei erhaltener Kapazität zur Erfassung der Bewegungsaufgabe (Bewegungssteuerung; keine Agnosie; keine Demenz) und trotz erhaltener Kraft, koordinativer Beweglichkeit und normaler Reflexivität der einzelnen, intakten Körperteile (keine oder nur geringfügige Paresen und Koordinationsstörungen; keine Verletzungen, Verstümmelungen der zu bewegenden Körperteile). Angeborene Formen nennt man Dyspraxie. Hingegen umfasst der Begriff Apraxie alle Ausprägungsgrade der Verlust-Syndrome.
Unterformen: Klass. Unterscheidung (Liepmann) einer ideatorischen Apraxie (Störung der aufgabenorientierten Selektion von Teilbewegungen und in deren reihenfolge- und sinngemäßer Integration zu komplexen Handlungen, z. B. «Kerze auf Halter stellen und mit Streichhölzern anzünden»; einzelne Bewegungen können aber willkürlich ausgeführt werden) neben einer ideomotorischen, auch ideokinetischen Apraxie (Unfähigkeit zu willkürlicher Ausführung einzelner, einfacher Bewegungen oder Beschränkung dieser Störungen auf einzelne Körperteile, wie Hand, Finger, Gesicht (gliedkinetische Apraxie), während komplexe Handlungen geordnet ablaufen); diese beiden Formen wurden in einen funktionalen Bezug gesetzt zu den fluent- (Wernicke) und nonfluent-Formen (Broca) unter den Aphasien (Aphasie; Brown, 1975). Andere neuropsychol. Einteilung in kinästhetisch-afferente Apraxie (metrisch sichere Ausführung der Einzelbewegungen gelingt nicht mangels kinästhetischer Reafferentation) und kinetisch-efferente Apraxie (Verlust der kinetischen Schemata zur sequenziellen, zeitgeregelten Reihenfolge- und Ablaufordnung von ganzen Bewegungsfolgen) (Luria, 1970). In enger funktionaler Beziehung zur ideomotorischen Apraxie wie auch zur motorisch-expressiven Aphasie steht die faciobuccolinguale Apraxie (Unfähigkeit, Stirn, Backen, Kiefer, Lippen oder Zunge willkürlich in eine best. Stellung zu bringen, obwohl alle beteiligten Muskelgruppen im mimischen Ausdruck, beim Essen, Sprechen oder anderen Synergismen beweglich sind). Die konstruktive Apraxie (Kleist), auch konstruktive Apraktagnosie [engl. constructional apraxia] (Unfähigkeit zur Lösung von räumlich-figürlichen Formungsaufgaben) steht im Übergangsbereich zu den Agnosien. Eine dressing apraxia (dt. Ankleide-Apraxie) wird nicht überall als isoliertes Syndrom angesehen (Poeck, 1969). Hingegen müssen die einseitigen, nur in einer Körperseite wirksamen Apraxie funktional gesondert betrachtet werden.
Diagnostik mittels (1) Nachahmenlassen von Bewegungen, Gesten, Körperteilstellungen; (2) sprachlicher Instruktion; (3) Hantierenlassen mit Gebrauchsgegenständen; (4) Konstruktionsaufgaben wie Puzzles, Mosaikwürfel, Streichholzbauen, Zeichnen (Neuropsychologische Diagnostik). neuropsychologische Störungen.