Arbeitsgestaltung, differenzielle

 

[engl. differential job design; lat. differentia Verschiedenheit, Unterschied], [AO], meint das Angebot unterschiedlicher Arbeitsstrukturen für die Erzeugung identischer Produkte oder Dienstleistungen (Ulich 1978, 2011). Mit der Möglichkeit der Wahl zw. versch. Alternativen können interindiv. Unterschiede in der Auseinandersetzung mit den Arbeitsaufgaben adäquat berücksichtigt werden. Ganz allg. gilt, dass mit der differenziellen Arbeitsgestaltung eine Brücke hergestellt werden kann «zw. den für viele Menschen gedachten Arbeitsgestaltungsmaßnahmen und den indiv. unterschiedlichen Voraussetzungen und Bedürfnissen einzelner Menschen» (Hacker, 2005, 777). Das Prinzip der differenziellen Arbeitsgestaltung ist zu ergänzen durch das Prinzip der dynamischen Arbeitsgestaltung. Damit ist die Möglichkeit der Veränderung bzw. Erweiterung bestehender oder der Schaffung neuer Arbeitsstrukturen gemeint, um so auch intraindiv. Differenzen über die Zeit gerecht werden und dem Lernfortschritt der Beschäftigten Rechnung tragen zu können. Die Möglichkeit, zw. Alternativen wählen und die Wahl ggf. korrigieren zu können, bedeutet einerseits eine Abkehr von der Suche nach dem «einen richtigen Weg» für die Gestaltung von Arbeitstätigkeiten (Tätigkeitsanalyse) und Arbeitsabläufen, andererseits einen deutlichen Zuwachs an Autonomie und Kontrolle über die eigenen Arbeitsbedingungen. Ein erster systematischer Vergleich unterschiedlicher Produktionsstrukturen wurde von Zülch und Starringer (1984) vorgelegt. Nach den Erfahrungen aus mehreren Projekten ergab sich unter den geprüften Alternativen die differenzielle Arbeitsgestaltung «als die beste Lösung …, weil sie sowohl die monetären als auch die nicht monetären Zielkriterien am besten erfüllt» (Zülch & Starringer, 1984, 213). So zeigte sich nicht nur eine Verbesserung der Motivation (Arbeitsmotivation) und eine Verminderung einseitiger Beanspruchungen (Beanspruchung), sondern auch «eine Senkung der Durchlaufzeiten und der Werkstattbestände auf jew. die Hälfte des vorhergehenden Wertes» (Zülch & Starringer, 1984, 215). Zusätzlich konnten die Autoren die Anwendbarkeit des Konzepts der differenziellen Arbeitsgestaltung auf Fertigungssysteme mit unterschiedlichem Technisierungsgrad belegen. Nach der von Frieling (1988, 143) vertretenen Position ist der differenziellen Arbeitsgestaltung «der Vorzug vor eignungsdiag. Auswahl zu geben, auch dann, wenn die Methode der Selektion vordergründig kostengünstiger erscheint.» Für Bamberg und Metz (1998, 192) ist differenzielle Arbeitsgestaltung eine Möglichkeit, die salutogenen Potenziale (Salutogenese) von Arbeitstätigkeiten «für jeden Beschäftigten zu erschließen» und damit auch Schnittstelle «zw. bedingungs- und personenbezogenen gesundheitsförderlichen Interventionen». Für Metz (2011, 196) bedeuten differenzielle und dynamische Arbeitsgestaltung zugleich einen «Gewinn an Autonomie und Kontrolle über die eigene Arbeitssituation.» Dieser Tatbestand erhält «in Anbetracht des demografischen Wandels … bes. Bedeutung für eine alter(n)s-sensible Arbeitsgestaltung». Nach Rothe (2012, 4) waren «die Möglichkeiten für differenzielle Arbeitsgestaltung ... und die Möglichkeiten für dynamische Arbeitsgestaltung... noch nie so groß.» Eine Übertragung des Konzepts der differenziellen Arbeitsgestaltung auf Arbeitszeiten könnte bei der Regelung von Schicht- und Nachtarbeit die Berücksichtigung der chronobiol. Typen bedeuten und damit zu einer Verminderung gesundheitlicher Beeinträchtigungen beitragen. Eine Übertragung  auf die Arbeitsplatz- und Raumgestaltung könnte die Realisierung interindiv. unterschiedlicher Bevorzugungen ermöglichen, d. h. z. B. eine Wahl zw. «traditionellen Büroräumen» und Open-Space-Strukturen erlauben.

«Aus unserer Sicht scheinen die allgemeinen Prinzipien einer differenziellen und dynamischen Arbeitsgestaltung (Ulich, 2011) am aussichtsreichsten, um den momentanen und zukünftigen Änderungen der Arbeitswelt zu begegnen» (Wegge et al., 2014, 689). Das Konzept der differenziellen Arbeitsgestaltung wird auch vonseiten fortschrittlicher Produktionswissenschaft für den Umgang mit Arbeit 4.0 favorisiert. So heißt der Titel eines Beitrages von Deuse et al. (2015) «Differenzielle Arbeitsgestaltung durch hybride Automatisierung». Und: «Die Entwicklung und Implementierung individualisierter technischer Assistenzsysteme sowie die fähigkeitsbasierte Aufgabenteilung zw. Mensch und Maschine unterstützen diese Entwicklung in hohem Maße» (Deuse et al., 2018, S. 210).

Referenzen und vertiefende Literatur

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