artifizielle Störung

 

[engl. factitious disorder; lat. artificiosus künstlich], syn. selbstmanipulierte Krankheit, [KLI], inkorrekt vorgetäuschte Störung. Unter artifizieller Störung wird eine selbstmanipulierte psych. Störung oder körperliche Erkrankung verstanden, die im DSM-5 unter dem Code 300.19 und in der ICD-10 unter F68.1 verschlüsselt wird. Von einer artifiziellen Störung wird dann gesprochen, wenn, wie im Falle einer Simulation, eine vorgetäuschte Beschwerdendarstellung bewusst und manipulativ erfolgt. Im Ggs. zur Simulation ist das der Manipulation zugrunde liegende Motiv jedoch kein externales, es liegt also nicht bestimmend ein sekundärer Krankheitsgewinn vor. Die artifizielle Störung ist vielmehr durch einen primären Krankheitsgewinn gekennzeichnet, die Motivation liegt in der Pat.rolle, im Kranksein, im Behandelt-Werden selbst. Während die manipulative Beschwerdenpräsentation dem Pat. zwar bewusst sei, wird angenommen, dass dies für die zugrunde liegende Motivation nicht der Fall sei. Im Ggs. zur Simulation wird die artifizielle Störung nach gegenwärtig weithin akzeptierter Auffassung als psych. Störung begriffen, die behandlungsbedürftig ist. Neben einer gezielt falschen Beschwerdendarstellung können betroffene Pat. auch Symptome selbst erzeugen, sich also selbst beschädigen. Derartige Manipulationen nehmen gelegentlich drastische und bizarre Formen an (z. B. Fiebererzeugung durch Eigeninjektion von Schmutz, Wiedereinführen eines operierten Blasensteins durch die Harnröhre, Wundmanipulationen) und können zum Tode führen. Das sog. Münchhausen-Sydrom wird heute als eine Unterform der artifiziellen Störung mit einem spez. Merkmalsspektrum aufgefasst. Es wird in den gängigen Diagnosesystemen als artifizielle Störung codiert. Gelegentlich sind die manipulierende und die manipulierte Person nicht identisch. So kann durch eine erwachsene Person eine Erkrankung a. bei einem Kind oder auch einem Tier erzeugt werden. Man spricht dann von einer Stellvertreter-artifiziellen Störung oder einem Stellvertreter-Münchhausen [engl. factitious disorder by proxy, Munchausen by proxy]. Im DSM-5 wird diese Stellvertreter-Störung ebenfalls unter dem Code 300.19 gefasst, als Unterkategorie Factitious Disorder Imposed on Another.

Referenzen und vertiefende Literatur

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