Aufmerksamkeit, ortsbasierte
[engl. attention, space-based], [KOG, WA], Modelle ortsbasierter Aufmerksamkeit gehen davon aus, dass alle sich innerhalb eines umschriebenen räumlichen Bereichs befindlichen Stimuli selektiert werden (auch ohne dass das Auge direkt dorthin gerichtet wird; sog. verdeckte Aufmerksamkeit) und dass sich außerhalb dieses Orts prioritärer Verarbeitung befindliche Reize nicht oder nur in abgeschwächter Form verarbeitet werden. Ortsbasierte Aufmerksamkeit und die ihr zugrunde liegenden Selektionsmechanismen werden mithilfe des Paradigmas räumlicher Hinweisreize (cue) untersucht. Der Pb fixiert einen Punkt auf einem Bildschirm, links oder rechts des Punkts wird ein visueller Stimulus dargeboten, und die Aufgabe des Pb besteht darin, mit einem Tastendruck so schnell wie möglich auf das Aufscheinen des Stimulus zu reagieren. Wird vor der Präsentation des Stimulus ein Hinweisreiz dargeboten, z. B. ein Pfeil nach links oder rechts an der Stelle des Fixationspunkts (zentraler, symbolischer Hinweisreiz) oder ein kurzzeitiges Aufleuchten am Erscheinungsort des Stimulus selbst (peripherer, direkt-sensorischer Hinweisreiz), so ist die Reaktionszeit auf den Stimulus verkürzt; weist der Hinweis jedoch auf einen Ort, an dem der Stimulus nicht erscheint, so steigt die Reaktionszeit an. Die zeitlichen Nutzen bzw. die zeitlichen Kosten valider bzw. invalider Hinweisreize werden dadurch erklärt, dass der Fokus der Aufmerksamkeit, d. h. die prioritäre Verarbeitung mit dem Erscheinungsort des Stimulus übereinstimmt (im Falle eines valide Hinweisreizes) oder erst mit einem Zeitaufwand dorthin verschoben werden muss (im Falle eines invaliden Hinweisreizes). Metaphorisch wird der räumliche Fokus der Aufmerksamkeit häufig i. S. eines «Lichtkegels» (spotlight, Aufmerksamkeit, Scheinwerfermetapher) oder einer variablen «Gummilinse» (zoom lens) konzipiert.
Eine Aufmerksamkeit zu einem best. Ort kann auf die Darbietung eines symbolischen Hinweisreizes hin endogen (willentlich verursacht) erfolgen, oder sie kann exogen, durch das Aufscheinen eines (Hinweis-)Reizes, verursacht werden. Untersuchungen zur Interaktion zw. willentlicher und reizgetriebener Aufmerksamkeitsverschiebung zeigen, dass diese durch zwei komplementäre Mechanismen vermittelt werden. Endogene Verlagerungen des Orts der prioritären Verarbeitung haben eine relativ lange Latenz (200 ms), können längerfristig aufrechterhalten werden (< 500 ms) und sind insges. durch eine kontrollierte Funktionsweise charakterisiert; dagegen zeigen exogene Verschiebungen eine kurze Latenz (50 ms) relativ zum Auftauchen des Auslösereizes, einen transienten Aktivierungsverlauf (50–200 ms) und laufen insges. quasiautomatisch ab. Der exogen initiierte Mechanismus ist u. U. in der Lage, sich gegenüber dem endogenen Mechanismus durchzusetzen; ein auffälliger exogener Reiz kann also eine willentlich geplante aktuelle Handlung unterbrechen (Müller & Rabbitt, 1989). Wichtig ist, dass örtliche Aufmerksamkeitsverlagerungen auch verdeckt, d. h. ohne Augenbewegungen erfolgen können, obwohl die Mechanismen der ortsbasierten Aufmerksamkeit und der Augenbewegungssteuerung eng miteinander zus.hängen. Aufmerksamkeit, objektbasierte, Aufmerksamkeit, dimensionsbasierte.