Bewegungskontrolle

 

[engl. motor control, control of movement], Haltungskontrolle [engl. postural control], [BIO, KOG], bez. die organismischen/psych. Vorgänge, die eine Veränderung oder Beibehaltung der Position (Haltung), der Geschwindigkeit oder Beschleunigung von Gliedmaßen (Bsp. s. u.) oder des Gesamtorganismus bedingen (z. B. gehen, Motorik). Dabei sind jedoch nicht von außen «erzwungene» Bewegungen gemeint (z. B. jemandem die Hand führen, wie einem Kind beim Füttern (physical guidance), von einem Dach fallen). Auch «vegetative» Bewegungen der «inneren Organe» (Herz, Magen, Darm, Zwerchfell beim Atmen) sind zunächst nicht gemeint. Jedoch werden bspw. beim Sprechen u. a. Zwerchfell, Kehlkopf, Stimmlippen, Zunge, Lippen und Kiefer in Bewegung und Funktionen (es wird z. B. zugleich geatmet, gegessen oder Kaugummi gekaut und gesprochen) koordiniert, kontrolliert. Bewegungen und Bewegungsabläufe sind im Regelfall aufgabenbezogen (z. B. Weitsprung; Schreiben; begriffliche Sachverhalte mit Werkzeugen darstellen) bzw. biol. zweckbezogen (Atmung in Abhängigkeit von körperlicher Anstrengung und Luftdichte) in Umweltvorgaben einzupassen, insofern sind bei Bewegungskontrollen mehrere Ebenen zu unterscheiden. Bewegungskontrolle bezieht sich sehr häufig auf eine untere, dem physiol. Ausführungsprozess nahe Ebene.

Bewegungskontrolle bezieht sich – nicht immer deutlich getrennt – auf Planung (Planen), Ausführung, Ausführungsüberwachung (internal feedback) und Effektauswertung (knowledge of result) einer (gestörten) Bewegung oder Bewegungsfolge. Bewegungen werden sehr häufig (antizipativ, Antizipation) wahrnehmungsvermittelt ausgelöst und platziert (z. B. Auge-Hand-Koordination, Synchronisation beim Musizieren im Orchester: visuell über Dirigent und/oder auditiv auf die Töne; Bewegungswahrnehmung). Die Bewegungsform ist häufig durch Üben optimiert (Fertigkeit, skill), d. h., der Bewegungskontrolle unterliegt ein gelerntes Bewegungsschema oder ein erworbener Plan oder ein Programm. Nach unterschiedlichen Ebenen der Kontrolle (bzw. des Beschreibungsniveaus von Bewegungen) werden B.vorgänge unterschieden, z. B. willentliche, willkürliche Bewegungskontrolle, bei denen das Subjekt gewahr ist, dass es die Bewegung auslöst und steuert, und unwillkürliche. Statt des Begriffspaares willkürlich – unwillkürlich wird häufig das Paar kontrolliertautomatisch verwendet, ohne dass jew. eine explizitere Kontrolltheorie zugrunde liegen muss. Bei vielen Bewegungen sind beide Kontrollanteile ineinander verwoben (vgl. oben sprechen und atmen oder z. B. Augenbewegungen und Ausdrucksbewegungen wie z. B. Lidschlag, Lidstellung; Intentionstremor). Bestimmte Bewegungen werden als zielgerichtet bez., wobei dies beim Menschen als intentional (Intention, Intentionsbewegung) aufgefasst werden kann oder als biol. zweckmäßig (teleonom), die Bewegungskontrolle ist also jew. unterschiedlich. Woodworth (1918) spricht von automatischen Bewegungen, wenn während einer einzelnen Zielbewegung nicht mehr korrigierend in diese eingegriffen werden kann (ballistische Bewegungen, auch als closed loop im Ggs. zu open loop bez.).

Sehr häufig werden kybernetische (Kybernetik, Regelkreis, Reafferenz) und informationstheoretische (Informationstheorie, Informationsverarbeitung, Programm- und Schematheorien) Vorstellungen zur Modellierung von Bewegungskontrollprozessen genutzt. Es gibt eine große Zahl von spez. Modellen der Bewegungskontrolle für einzelne Bewegungsformen (z. B. Greifen, Gehen, Augenbewegungsarten, Schreiben, Sprechen, Mimik zeigen) oder Aspekte von Bewegungsformen (Kontrolle der Genauigkeit, Geschwindigkeit, Kraft, Bewegungsspur); Abhängigkeit der Bewegungszeit von Zielabstand und Zielgröße bei (iterativen) Zielbewegungen (Fitts’sches Gesetz und seine Modifikationen); Kontrolle der Alternativenwahl (z. B. wird die rechte oder linke Hand genutzt in Abhängigkeit von der räumlichen Kompatibilität von Bewegungsziel und Bewegungsorgan; Bestimmung der Greifart zum Transport eines Objektes in Abhängigkeit von Handgröße, Objektgröße und Gewicht).

Faktorenanalytische Studien (psychomotorische Faktoren) erbrachten versch. Bewegungskontrollfaktoren, z. B. rate control: die Fähigkeit, fortlaufend antizipatorisch Bewegungsanpassungen an Geschwindigkeits- und Richtungsänderungen eines sich bewegenden Zielobjektes vorzunehmen (tracking, tracing). Psychomotorik, Bewegungsgedächtnis.

Referenzen und vertiefende Literatur

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