Bindungsdesorganisation

 

[engl. attachment disorganisation; lat. de von ... weg, gr. ὄργανον (organon) Werkzeug, Instrument], [EM, EW], kennzeichnet das vollst. Fehlen, einen unerwarteten Wechsel oder den plötzlichen Zusammenbruch von beobachtbaren, organisierten Bindungsstrategien. In der frühen Kindheit zeigt sich Bindungsdesorganisation in der fremden Situation (Fremde Situation oder Fremde Situations Test (FST)) z. B. durch gleichzeitiges oder sequenzielles widersprüchliches Bindungsverhalten oder Explorationsverhalten, durch gegenüber der Bindungspersonen ungerichtete, fehlgerichtete, unvollständige, unterbrochene oder plötzliche erstarrende Bewegungen und Emotionsausdrucksweisen, oder Anzeichen von räumlicher Desorientierung des Kindes. Das Kind zeigt einen Annäherungs-Vermeidungs-Konflikt gegenüber der Bezugsperson. Es scheint nicht in der Lage zu sein, Bindungs- oder Explorationsverhaltensweisen durchgängig bis zur Zielerreichung auszuführen. Bindungsdesorganisation im Vorschulalter zeigt sich häufiger in kontrollierendem Verhalten gegenüber der Bindungsperson. Als Ursachen von Bindungsdesorganisation in der Kindheit gelten Misshandlung, Vernachlässigung, verängstigtes oder ängstigendes Interaktionsverhalten der Bindungsperson gegenüber dem Kind, aber auch geringe Selbstregulationsfähigkeit im Neugeborenalter oder molekulargenetische Polymorphismen z. B. des Serotoninsystems. Im Erwachsenenalter wird die Bindungsdesorganisation als Zeichen unverarbeiteter Traumata [engl. unresolved trauma] in der Sprache klassifiziert (Trauma). Kennzeichen sind hier z. B. Fehler in der logischen oder zeitlichen sprachlichen Darstellung der Erfahrung des Verlusts vertrauter Personen oder von Misshandlung. Bindungsdesorganisation kann zusätzlich zu einem der Muster der Bindungsqualität also zur Bindungsorganisation vorliegen.

Referenzen und vertiefende Literatur

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