Bindungsstörung mit Enthemmung
[engl. disinhibited attachment disorder], [KLI], bez. Nach ICD-10 und DSM-5 (Klassifikation psychischer Störungen) ein Muster der aktiven Kontaktaufnahme und Interaktion des Kindes mit fremden Erw., das durch mind. zwei der folg. Merkmale gekennzeichnet ist: verminderte oder fehlende Zurückhaltung; übermäßig vertrautes verbales oder körperliches Verhalten; verminderte oder fehlende Rückversicherung bei der erw. Bezugsperson; kaum oder gar kein Zögern beim Weggehen mit dem unbekannten Erw. Das enthemmte Verhalten entwickelt sich im zeitlichen Verlauf bei Erfahrung extrem unzureichender Fürsorge (z. B. soziale Vernachlässigung oder Deprivation) und wiederholtem Wechsel von Bezugspersonen. Etwa 20% der massiv vernachlässigten Kinder erfüllen die Kriterien der Bindungsstörung mit Enthemmung; v. a. Vernachlässigung in den ersten beiden Lebensjahren wird als verursachend angesehen; Symptome der Bindungsstörung mit Enthemmung bleiben zumeist noch bestehen, wenn das Kind später in einer fürsorglichen Umgebung aufwächst; in mittlerer Kindheit und Adoleszenz oft aufmerksamkeitssuchendes Verhalten und wahllose oberflächliche Beziehungen zu Erw. und Gleichaltrigen. Bindungsstörung, reaktive, Interaktionsstörungen im Kindes- und Jugendalter.