Charakterologie
[engl. characterology], syn. Charakterkunde; veraltet für Persönlichkeitspsychologie, [PER], die theoretischen und spekulativen Deutungen des Charakters, die sich inbes. auf seinen «Aufbau», den Aufweis versch. Charaktertypen (Typologie) und das Wesen des Charakters beziehen. Als Beschreibung typischer Charakterformen gab es schon im Altertum eine Charakterologie. Neben versch. Philosophen war es Theophrast von Eresus auf Lesbos, der um 319 v. Chr. Charaktere beschrieb. Auch die Lehre von den Körpersäften als Grundlage der Temperamente (Hippokrates, Galenus) gehörte zur Charakterologie des Altertums. Im 17. Jhd. erneuerte Jean de la Bruyére die Charakterbeschreibungen des Theophrast. Auch die seinerzeit stark beachtete Menschenkunde von La Chambre ist zu nennen. Ebenso die Bemühungen von Thomasius, der den Charakter in Graden bestimmen wollte. Im 18. Jhd. sind die breiten Ansätze der Erfahrungsseelenkunde und Bekenntnisliteratur (Moritz, Lavater, Rousseau) wie auch die aphoristischen Anmerkungen Lichtenbergs Vorläufer einer Charakterologie. Die Ausdruckslehre des Charakters geht auf die Physiognomik und Phrenologie zurück. Das Wort verwendet Julius Bahnsen (1830−1881) in seinen «Beiträgen zur Charakterologie» (Bahnsen, 1867). Der Unterschied zw. Innen- und Außenaspekt geht auf ihn zurück. Für die dt. Charakterologie waren Ludwig Klages und Philipp Lersch die besonderen Wegbereiter. Während zur geisteswiss. Ps. (Dilthey, Spranger) noch Querverbindungen bestanden, ist die Charakterologie für die empirische Ps. nur noch von historischer Bedeutung.