Entwicklung, romantische

 

[engl. romantic development], [EW, SOZ], ist eine der bedeutendsten Entwicklungsaufgaben der Adoleszenz. Die romantische

Entwicklung im Jugendalter gewann als Forschungsfeld in den 1990er-Jahren zunächst in den USA an Bedeutung. Als romantische

Entwicklung im Jugendalter wird üblicherweise die Aufnahme von Liebesbeziehungen (auch als r. Beziehungen bez.) verstanden, wobei die Gestaltung dieser Beziehungen im Hinblick auf Dauer, Commitment, Exklusivität, Zuneigung sowie geteilte Intimität und Sexualität interindiv. sehr stark variieren kann. Akt. Studien zeigen, dass bis zum Alter von 18 Jahren mehr als 3/4 der Jugendlichen schon mind. eine feste Partnerschaft hatten, wobei der Prozentsatz von partnerschaftserfahrenen Jugendlichen im Verlauf der Adoleszenz ansteigt. Die Beschreibung der romantischen

Entwicklung erfolgt üblicherweise in Stadien, die versch. Altersgruppen zugeordnet werden. Gemeinsam ist diesen Stufen- und Phasenmodellen (Entwicklungsphasen, -stufen, z. B. von B. Bradford Brown, Wyndol Furman oder Jennifer A. Connolly), dass sie von einer zunehmenden Intensivierung und Stabilisierung der Partnerschaften im Verlauf der Adoleszenz ausgehen, die mit einer funktionalen Veränderung partnerschaftlicher Faktoren wie Intimität und Sexualität verbunden sind und mit einer Veränderung der Eltern- und Peerbeziehungen (Peergroup) und zunehmenden Konsolidierung des Selbst einhergehen. Tatsächlich zeigt die nationale und internat. Forschung, dass die Partnerschaften Jugendlicher mit dem Alter dauerhafter werden (Partnerschaftsdauer bei den 15-Jährigen durchschnittlich fünf Monate, bei den 17-Jährigen elf Monate) sowie die Trennungsraten sinken und damit die Stabilität der Partnerschaften ansteigt (1-Jahres-Stabilität bei den 15-Jährigen 34,8 %, bei den 17-Jährigen 49,4 %). Die romantische und sexuelle Entwicklung beeinflussen sich im Jugendalter häufig gegenseitig: Mit zunehmender Dauer einer Partnerschaft steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es zu intensiven sexuellen Kontakten sowie zum ersten Geschlechtsverkehr kommt. Qualitative Veränderungen in den Partnerschaften im Verlauf der Adoleszenz betreffen eine Zunahme der gemeinsam verbrachten Zeit, eine stärkere Bindung und gegenseitige Fürsorge der Partner, ein höheres Maß geteilter Intimität, Partnerschaftskompetenzen und Beziehungsqualität sowie ein stärkeres Commitment.

Obwohl empir. Befunde eine quasisequenzielle Abfolge in der romantische

Entwicklung nahelegen, sind auch Variationen in der Abfolge der Entwicklungssequenzen sowie Akzelerationen/Dezelerationen möglich. Neben dem Alter haben auch andere Faktoren wie körperliche Reife oder Sozialisationsbedingungen in Familie und dem Gleichaltrigenmilieu sowie der Bildungsstand (Status, sozioökonomischer) Einfluss darauf, wann Jugendliche erste r. Beziehungen eingehen. I. d. R. sind eine frühere körperliche Reife, neg. Erfahrungen in der Familie (etwa Trennung/Scheidung der Eltern, ökonomische Verknappung), der Kontakt zu älteren Peers sowie ein niedrigerer Bildungsstatus mit einer früheren Aufnahme von Liebesbeziehungen verbunden. Die romantische

Entwicklung ist eingebettet in die allg. Individuationsentwicklung (Autonomieentwicklung) im Jugendalter, d. h. die zunehmende Autonomiegewinnung in Beziehung zu den Eltern und Hinwendung zu Gleichaltrigen. Biopsychosoziale Modelle betonen die evolutionsbiol. Notwendigkeit dieser Entwicklung für die Fortpflanzung und die Vermeidung von Inzest. Eine Reihe von Studien beschäftigt sich mit den neg. Seiten r. Erfahrungen wie etwa Gewalterfahrungen (Dating aggression) oder die Entwicklung psych., schulischen und sozialen Problemverhaltens. Im Fokus steht v. a. die Entwicklung depressiver Symptome (Depression), die mit einer hohen Involviertheit in romantische Beziehungen, Trennungserfahrungen sowie häufig wechselnden Partnerschaften in Verbindung gebracht werden. Obwohl r. Beziehungen im Jugendalter gleich- oder gegengeschlechtlich sein können, beschäftigt sich das Gros der Forschung aktuell eher mit gegengeschlechtlichen romantischen Beziehungen. Inwieweit vorhandene Befunde und Modelle auch auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften übertragen werden können, wird unterschiedlich diskutiert.

Referenzen und vertiefende Literatur

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