Fehler
[engl. error, fault, mistake, lapse], [KOG], nicht erwünschte Bestandteile oder Folgen von psychischen Prozessen (z. B. sog. Denkfehler, Denken) und von Handlungen, z. B. Daneben-Greifen), die das Erreichen expliziter oder impliziter Ziele verhindern (Fehlleistung). Fehlerforschung ist nach ersten systematischen Ansätzen (z. B. Weimer, 1922) lange Zeit vernachlässigt worden.
[FSE], Abweichung eines Resultates von einem wahren oder bestmöglichen Resultat. In der empirischen Forschung werden alle jene Veränderungen in der abhängigen Variable, die nicht auf Veränderungen in den exp. kontrollierten unabhängigen Variable zurückgeführt werden können, als Fehler interpretiert (Validität, interne). Fehler können verschiedenartige Ursachen haben: in der Beobachtung und den dazu verwendeten Hilfsmitteln (z. B. Messinstrumente), im untersuchten Geschehen selbst bzw. im Aufbau der Untersuchung sowie der weiteren Verarbeitung der unmittelbaren Befunde. Zu unterscheiden sind systematische (konstante) und zufällige (variable) Fehler. Die systematischen Fehler verschieben alle Einzelresultate (und damit das Gesamtresultat) in eine best. Richtung. In der Versuchsplanung kann ihnen durch Methoden der Kontrolle vorgebeugt werden. Die nach Ausschaltung konstanter Fehler verbleibenden variablen Fehler heben einander bei einer größeren Anzahl von Beobachtungen in deren Mittelwert annähernd auf. Sie sind überdies durch Fehlerberechnung in ihrem Ausmaß bestimmbar, wodurch Aussagen über die stat. Signifikanz von Ergebnissen möglich werden. Die Tatsache, dass in psychol. Untersuchungen stets variable unbekannte Faktoren (Fehlerfaktoren) in die Ergebnisse eingehen, macht die Anwendung stat. Verfahren in der Ps. erforderlich. Raumfehler, Zeitfehler. In der Messtheorie wird der Einfluss des Fehlers auf die empirischen Messgrößen modelliert (Gütekriterien, Item-Response-Theorie (IRT), Klassische Testtheorie).
[AO], ein bedeutsames Thema in der Arbeits- und Organisations- (Wehner, 1992) und Ingenieurpsychologie sowie spez. auch im Gebiet der Mensch-Computer-Interaktion (Frese & Zapf, 1992) ist die Erforschung menschlicher Fehler bzw. menschlicher Fehlhandlungen. Allg. wird hierbei zw. einer individuums- und einer system‑ bzw. organisationsbezogenen Perspektive unterschieden (Reason, 2000). Mit Bezug auf indiv., zielgerichtetes Verhalten werden Fehler als potentiell vermeidbare Ereignisse bez., in denen eine geplante Abfolge mentaler oder physischer Aktivitäten nicht zu einem intendierten Handlungsziel führt, ohne dass dies dem Einfluss einer dritten einflussnehmenden Größe zugeschrieben werden kann (Reason, 1990). Als ursächlich für die Fehlerentstehung gelten Probleme bei der Informationsverarbeitung und Handlungssteuerung, z. B. durch abgelenkte oder nicht eindeutig geleitete Aufmerksamkeit (Reason, 1990). Treten gehäuft Fehler in einem Mensch-Maschine System auf, stellt sich die Frage, wie man diesen begegnen kann. Maßnahmen beziehen sich einerseits darauf, durch die Gestaltung des Systems die Auftrittshäufigkeit von Fehlern, die sich prinzipiell nicht gänzlich vermeiden lassen, zu minimieren (Lewis, Norman, 1986) oder diese, für den Fall des Auftretens, einfacher erkenn‑ und behebbar zu machen, um damit das Fehlermanagement, d. h. den erfolgreichen Umgang mit Fehlern, zu unterstützen (Frese et al., 1989). Andererseits wurden sog. Fehlertrainings entwickelt, in denen Nutzer erlernen, erfolgreich mit Fehlersituationen umzugehen (Greif, 1989, Keith, Frese 2008). Mit Blick auf komplexe Systeme, wie z. B. Kernkraftwerke oder chemische Anlagen, und Organisationen allg., werden manifeste Fehler, die schlimmstenfalls zu schweren Unfällen oder Katastrophen führen können, als Folge des inzidentellen Zusammenwirkens sicherheitskritischen Verhaltens einzelner Personen und unterschiedlicher im System oder in der Organisation latent angelegter fehlerkritischer Faktoren (latente Fehler) verstanden (Reason, 1990). Bei solchen latent angelegten Fehlern kann es sich z. B. um ungünstig gestaltete Maschinen oder Arbeitsprozesse, unvereinbare Zielvorgaben oder auch fehlende Kommunikation handeln (Wagenaar et al., 1992). Gegen‑ bzw. Schutzmaßnahmen umfassen oft Sicherheitseinrichtungen und ‑regelungen (z. B. Alarmschaltungen, Sicherheitsvorschriften) oder Trainings (z. B. des Sicherheitsbewusstseins). Der Nutzen solcher Maßnahmen alleine wird jedoch als begrenzt bewertet (Wagenaar et al., 1990). Weiterführende Intervention richten sich auf die Einrichtung ebenenübergreifender Feedback-Systeme zur frühzeitigen Erkennung latenter Fehler in Organisationen (Reason, 1990) sowie den Aufbau einer Sicherheitskultur und Fehlerkultur (Schaper, 2019; van Dyck et al., 2005).