Friedenspsychologie, Strategien

 

[engl. strategies of peace psychology], [SOZ], in der Friedenspsychologie werden u. a. die folg. Prozeduren bzw. Strategien diskutiert, um Konflikte gewaltfrei auszutragen: (1) Ein breites Engagement der Bevölkerung für friedliche Ziele und Mittel (vs. Gewaltakzeptanz in der Gesellschaft; Militarismus). Das Engagement hängt u. a. von den folg. Faktoren ab: indiv. Wertorientierung (z. B. Gewaltfreiheit; Gerechtigkeit), erwarteter Nutzen, subj. Erfolgswahrscheinlichkeit, aber auch gesellschaftliche Bedingungen wie pos. Modelle sowie konkrete und attraktive Angebote für kollektives Handeln. (2) Beim gewaltfreien Widerstand geht es um aktiven Widerstand und um Vertrauensaufbau. (3) Friedensjournalismus kann neg. Effekten von Mediendarstellungen (Feindbilder; Kriegsführung, psychologische) in Konflikten entgegenwirken; er hat das Ziel, bei eskalierenden Konflikten und bei (Bürger-)Kriegen den Einfluss der Medien zur konstruktiven, gewaltfreien Austragung von Konflikten zu untersuchen und zu nutzen. (4) Verhandlungen sind die übliche offizielle Austragungsform von Konflikten. (5) Wenn insbes. bei lang anhaltenden, schweren Konflikten die Konfliktparteien zu direkten, konstruktiven Gesprächen nicht (mehr) bereit oder in der Lage sind, bietet sich das Vorgehen der Mediation an, bei der eine dritte Partei die Betroffenen bei der Konfliktbearbeitung unterstützt. (6) Die Methode interaktives Problemlösen (Problemlösen, interaktives) setzt unterhalb der Ebene offizieller Diplomatie an und versucht dadurch, Verhandlungen vorzubereiten und sie pos. zu beeinflussen. (7) Als Gegenmodell zur Konflikteskalation und zur Rüstungsspirale, wie sie real z. B. im Ost-West-Konflikt auftraten, entwickelte Osgood sein Modell der graduierten und reziproken Initiativen zur Spannungsreduktion (GRIT), Die hier genannten Strategien können dann genutzt werden, wenn die Konfliktparteien grundsätzlich an gewaltfreien Lösungen interessiert sind oder wenn sie von relevanten Dritten (z. B. UNO, Verbündete, Hegemonialmächte) dazu ermutigt bzw. gedrängt werden. Bei asymmetrischen Konflikten – eine Konfliktpartei ist politisch, wirtschaftlich und/oder militärisch deutlich überlegen – ist die Gefahr groß, dass bei der Konfliktbearbeitung die Ursachen (z. B. Streben nach oder Verteidigen von wirtschaftlicher, kult. oder militärischer Vorherrschaft) nicht angemessen berücksichtigt und bearbeitet werden. Nach der Beendigung von Kriegen sind – neben dem materiellen Wiederaufbau – versch. – hoch komplexe und langwierige – psychosoziale Interventionen erforderlich, um einen Rückfall in Gewalt zu verhindern. Dazu gehören u. a. Heilen psych. und sozialer Kriegswunden, Versöhnen durch Wahrheitskommissionen, Anerkennen des begangenen Unrechts, Bemühen um Gerechtigkeit und Entwickeln einer lebenswerten Perspektive (Gerechtigkeit). Bei innerstaatlichen und internat. gewaltförmigen Konfliktaustragungen werden Macht-, ökonomische und kult. Konflikte als zentral angesehen, u. a. soziale Ungerechtigkeit, kult. Unterdrückung. Diese werden auch psychol. hergestellt und vermittelt, insbes. durch die kogn. und emot. Repräsentation des Konfliktes in der Bevölkerung und bei deren Repräsentanten. Die Gefahr einer psychol. Verkürzung (Psychologisierung) von Friedensthemen besteht dann nicht, wenn die gesellschaftlichen und politischen Grundlagen mitberücksichtigt werden. Friedenspsychologie ist ein junges Gebiet in Forschung und Praxis. Ihr Beitrag zum Frieden besteht derzeit eher in exemplarischen Projekten als in breiter Akzeptanz und Anwendung.

Referenzen und vertiefende Literatur

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