Gedächtnis, episodisches
[engl. episodic memory], [KOG], ist das Gedächtnis für persönlich erfahrene Ereignisse (Erfahrung), die sich an einem best. Ort zu einem best. Zeitpunkt ereignet haben, also das G. für spezif. Episoden wie z. B. den gestrigen Kinobesuch. Im Ggs. zum impliziten Gedächtnis wird die Lernepisode (Lernprozess) bewusst erinnert (Erinnerung), d. h. wieder erfahren. Das episodische
Gedächtnis wird häufig mit dem autobiografischen G., dem G. für die Ereignisse des eigenen Lebens, gleichgesetzt. Die nicht unstrittige Unterscheidung zw. einem e. und semantischen G.system (Gedächtnis, semantisches), in dem kontextunabhängiges Wissen von der Welt gespeichert ist, z. B. was ein Kino überhaupt ist, geht auf Tulving (1972) zurück. Eine Hauptursache für Vergessen ist das Fehlen geeigneter Abrufschlüssel. Als solche eignen sich Teile der abgespeicherten Lernepisode. So wird mehr erinnert, wenn der Umgebungskontext bei der Encodierung mit dem beim Abruf übereinstimmt, als wenn dies nicht der Fall ist. Das episodische
Gedächtnis arbeitet also nach dem auch in der Wahrnehmung wichtigen Prinzip der Musterergänzung. Das episodische
Gedächtnis registriert fortlaufend und meist automatisch, was wir gerade getan oder erfahren haben, z. B. wann und wo wir etwas eingekauft haben. Es ermöglicht uns mentale Zeitreisen, d. h., frühere Ereignisse wieder zu erleben (das letzte Treffen mit einer Freundin) und zukünftige Ereignisse zu antizipieren (das morgige Treffen). Seine Relevanz für unsere Identität, unser subj. Zeitempfinden (Zeitwahrnehmung) und unser Funktionieren im Alltag wird deutlich an Amnestikern (Amnesie), die aufgrund einer Hirnschädigung ihr episodisches
Gedächtnis verloren haben. Diese Personen leben nur im Hier und Jetzt, sind unfähig, neue spezif. Episoden zu speichern, können weder ihre Vergangenheit erinnern noch sich ihre Zukunft vorstellen.