Gemeingefühl

 

[EM], Allgemeingefühl, syn. vitaler, psychosomatischer Sinn. Eng verwandt mit Stimmung, aber auch arousal, Erregung, Aktivierung. Das aus einer Reihe von inneren Empfindungen entspringende Totalgefühl (Koinästhesie). Kretschmer (1975) betonte hierbei das diffuse Zusammenfließen aller (auch der fast unmerklichen) Empfindungsqualitäten, womit das Gemeingefühl erlebbarer Gesamtquerschnitt unseres Befindens, d. h. zugleich Empfindungssumme und Affektlage ist. In der älteren Ps. gebräuchlicher Begriff, der eine Äußerung der «Lebenskraft» im Bereich der Sinnlichkeit bedeutet; das Gemeingefühl ist das Resultat der Einwirkung aller sensiblen Nerven auf das Gehirn (Waitz, 1849). Danach sind alle Sinnesempfindungen, sofern sie alle oder in großer Menge zur Perzeption drängen, Teile des Gemeingefühls. E. H. Weber definiert das Gemeingefühl als das Bewusstsein von unserem Empfindungszustand, das alle mit Empfindungsnerven versehenen Teile vermitteln, abgesehen von spezif. Sinnesempfindungen, die uns außerdem manche von ihnen verschaffen. Wundt (1862) unterscheidet Empfindungen, die wir auf äußere Objekte beziehen (obj. Empfindungen), von Empfindungen, die wir auf Zustände unseres eigenen Leibes beziehen (subjekte Empfindungen oder Gefühle). Die Letzteren setzen vorzugsweise das Gemeingefühl zus., aber nicht ursprünglich als Empfindungen, sondern erst nachdem die Vorstellungstätigkeit erwacht ist. Danach ist es auch ein Totalgefühl, in dem der gesamte Zustand unseres sinnlichen Wohlbefindens und Übelbefindens zum Ausdruck kommt, jedoch erst nach der bewussten Reflexion über die Trennung von obj. und subj. Empfindungen (Wundt, 1862). In der späteren Ps. verlor der Begriff zunehmend an Bedeutung.

Referenzen und vertiefende Literatur

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