Hilflosigkeit, gelernte/erlernte
[engl. learned helplessness], [EM, KLI, KOG], Kernbegriff der von Seligman, 1975 begründeten Erwartungs- bzw. Attributionstheorie zur Erklärung fehlangepassten Verhaltens nach der Erfahrung unkontrollierbarer Ereignisse. Wird ein lernfähiger Organismus Konsequenzen ausgesetzt, die in non-kontingenter (Kontingenz) Beziehung zu allen seinen Reaktionen stehen, kann diese Erfahrung generalisiert werden. Möglichkeiten, Ereignisse zu kontrollieren, werden nicht erkannt oder wahrgenommen. Die subj. Erwartung, auch in neuen Situationen hilflos zu sein (also Ergebnisse nicht kontrollieren zu können), hat kogn. Leistungsstörungen, motivationale (Passivität) und emotionale Beeinträchtigungen zur Folge (bspw. Depression und Gesundheitsrisiken). Ursprung dieser Theorie sind Tierexperimente der Arbeitsgruppe um Seligman zum instrumentellen Lernen (Konditionierung, operante) von Angstreaktionen. So lernen bspw. Hunde in einer sog. shuttle box relativ schnell, aversiven Elektroschocks zu entgehen, indem sie eine Hürde überspringen. Tiere, die zuvor die Unkontrollierbarkeit dieser Schocks erlernt hatten, verhielten sich demgegenüber passiv und erkannten diese Möglichkeit nicht. Umfangreiche Forschung zur Übertragbarkeit des Hilflosigkeitskonzepts auf den Menschen (bspw. unter Verwendung von Lärm oder kogn. Stressoren) resultierte u. a. in Modellen zur Erklärung depressiver Störungen. Dabei zeigte sich, dass im Vergleich zu Tieren hier große interindiv. Differenzen in Bewertung und Reaktion der Pbn auftreten (bspw. aufgrund unterschiedlicher Kausalattribution, situativer Ähnlichkeit und persönlicher Wichtigkeit sowie Bedingungen der Handlungskontrolle; Reaktanz). Neuere Ansätze zum Thema stammen aus der Bewältigungsforschung; sie heben die Komplexität indiv. Regulationsmechanismen hervor, die eine Entwicklung von Hilflosigkeitserleben auch reduzieren oder puffern können (Coping, Stress, Lernen, lebenslanges, Selbstwirksamkeitserwartung, Kontrollpsychologie).