Intersektionalität
[engl. intersectionality; intersection Kreuzung], [SOZ], Konzept aus der feministischen Theorie zur Analyse der Überkreuzungen bzw. der wechselseitigen Konstruktion sozialer Kategorien. Im Mittelpunkt standen zunächst «gender», «race» und «class», im Deutschen häufig als Geschlecht, Ethnizität und soziale Schicht diskutiert, später je nach Fragestellung weitere wie (Hetero)sexualität, Staatsbürgerschaft oder Behinderung. Das Konzept wurde von schwarzen, nordamerik. Feministinnen zur Analyse multipler Formen der Diskriminierung entwickelt. Diskriminierungserfahrungen schwarzer Frauen konnten, so ihre Kritik, weder durch die damalige feministische Theorie erfasst werden, die implizit auf weiße Mittelschichtsfrauen bezogen war, noch durch die Critical-Race-Theorie, die implizit die Situation schwarzer Männer priorisierte. Das interdisziplinäre Konzept verbindet psychol., soziol. und kulturwiss. Perspektiven. McCall (2005) unterscheidet inzw. drei Herangehensweisen: (1) Antikategoriale Ansätze dekonstruieren soziale Kategorien, indem sie deren historische Gewordenheit und die damit verbundene Herstellung von Differenz und Ungleichheit aufzeigen. (2) Intrakategoriale Ansätze erkennen die materielle und diskursive Relevanz von Kategorien an, sehen jedoch ihre Vielfalt nicht abgebildet. Anhand von Fallstudien untersuchen sie, wie spezif. Gruppen die ihnen zugeordneten Kategorien aktiv aushandeln. (3) Interkategoriale Ansätze vergleichen unter vorläufiger Verwendung der Kategorien komplexe soziale Gruppen anhand komparativer Multigruppendesigns. Einen Beitrag zu psychol. Debatten (z. B. über Identität, Kultur oder Friedenspsychologie, Genderfragen) kann die intersektionale Analyse indiv. und kollektiver Aushandlungsprozesse sozialer Kategorien leisten (Magnusson, 2011). Methodologisch greifen einige Autoren auf stat. Beziehungen zw. Identitätskategorien zurück (Cole, 2009), während andere diese Vorgehensweise radikal infrage gestellt sehen. Sie knüpfen an Traditionen der Diskursps. und interpretativen Sozialforschung an (Magnusson, 2011; Sozialkonstruktivismus).