Kohut, Heinz
(geb. 1913 in Wien; gest. 1981 in Chicago), [HIS, KLI], stammt aus einer musikalischen Familie und wächst unter jüdisch-bürgerlichen Verhältnissen in Wien auf. Im Juni 1938 flieht Kohut aus Österreich über England in die USA, wo er die meiste Zeit seines Lebens verbringt und 1945 die amerik. Staatsangehörigkeit erhält. Kohut studiert Med. in Wien und ist bei August Aichhorn in Lehranalyse (später in den USA bei Franz Alexander). Nach seiner Ankunft in den USA unterrichtet er zunächst Neurologie und schließt seine psychoanalytische Ausbildung (Psychoanalyse) am Chicagoer Institut ab; später wird er Präsident des Institutes (1963/4) und von 1965–73 Vizepräsident der Internat. Psychoanalytischen Vereinigung. Kohuts Weiterentwicklung der psychoanalyt. Narzissmustheorie legt er 1971 in «The Analysis of the Self», dt. «Narzissmus» vor, wo er noch auf dem Boden der Freud'schen Trieb- und Libidotheorie argumentiert (Triebtheorie nach Freud). Später löst er sich mehr und mehr von dieser Grundlage und schlägt, zunächst 1977 («The Restoration of the Self», «Die Heilung des Selbst»), dann 1984 («How does Analysis cure?», «Wie heilt die Psychoanalyse?») eine andere Betrachtungsweise vor, in der die Entwicklung des Selbst, seine fördernden Objekte («Selbstobjekte») und die Selbstobjekt-Übertragungen im Mittelpunkt stehen. Zunächst sieht er seine Theorie noch komplementär zur Triebtheorie, später werden sie dem zentralen Gesichtspunkt des Selbst untergeordnet. Kohut diskutiert die Rolle der Empathie neu, führt Begriffe wie Größen-Selbst, Idealisierte Eltern-Imago, narzisstische Wut und Spiegel-Übertragung ein und formuliert eine «gesunde» Entwicklungslinie des Narzissmus über Einfühlung, Kreativität, Humor und Weisheit. Kohut wurde durch seine selbstpsychol. Neubestimmung des Narzissmus zu einer der einflussreichsten und kontroversesten Personen der 1980er- und 1990er-Jahre der psychoanalyt. Bewegung.