Krankheitsgewinn, primärer, sekundärer bzw. tertiärer
[engl. advantage by illness; primary, secondary, tertiary gain], [GES, KLI], aus einer Erkrankung oder psych. Störung gezogener Vorteil. Das Konzept wurde ursprünglich im Kontext der Psychoanalyse entwickelt, wonach Pat. mit Neurosen durch diese einen direkten oder mittelbaren Gewinn auf der Ebene der persönlichen Beziehungen oder ihrer sonstigen Verhältnisse (z. B. finanzieller Art) erzielen können. Heute wird i. d. R. etwas abweichend vom psychoanalytischen Konzept unter primärem Krankheitsgewinn der internale Gewinn verstanden, also ein subj. Vorteil, der im Kranksein und in der Pat.rolle selbst liegt (z. B. Beachtung, Pflege, med. Behandlungen, Operationen). Demgegenüber bezieht sich ein sekundärer Krankheitsgewinn auf einen externalen Vorteil (z. B. Schuldunfähigkeit in einem Strafverfahren, Haftverschonung, Medikamentenbeschaffung, Arbeitsbefreiung, Renten-, Pensions- oder Entschädigungszahlungen). Vorteile, die nicht die erkrankte Indexperson, sondern ein Dritter (z. B. Angehörige, Psychotherapeuten) erzielt, werden als tertiärer Krankheitsgewinn bez. Das Vorliegen eines primären, sekundären oder tertiären Krankheitsgewinns kann in ungünstiger Weise auf die Diagnostik (insbes. i. R. von Begutachtungen; psychologisches Gutachten, Beschwerdenvalidität) und die Behandlung einwirken. Häufig werden sie den Behandlern gegenüber nicht offengelegt, sondern wirken i. S. verborgener Motive [engl. hidden agendas]. Sekundäre Verluste, die aus einer Erkrankung erwachsen (z. B. Verlust des Arbeitseinkommens und der Sozialbeziehungen in der Arbeitswelt bei Berentung), werden i. Ggs. zum sekundären Krankheitsgewinn als sekundärer Krankheitsverlust [engl. secondary loss] bez.