Lavater, Johann Caspar
(1741–1801), [HIS, PER], Schweizer Pfarrer, phil.-theologischer Schriftsteller, bedeutender Vertreter der Physiognomik und Erfahrungsseelenkunde. Lavater war dreizehntes Kind eines Züricher Arztes; er studierte 1756–1762 in Zürich Theologie. Auf einer Bildungsreise im Frühjahr 1763 nach Dt. lernte er bedeutende Persönlichkeiten seiner Zeit kennen; 1769 wurde er zum Diakon gewählt. 1774 lernte Lavater auf einer Rheinreise Goethe kennen. Nach umfangreichen Vorarbeiten veröffentlichte Lavater 1775–1778 sein vierbändiges Hauptwerk «Physiognomische Fragmente zur Beförderung der Menschenkenntnis und Menschenliebe», das als Hauptwerk der Physiognomik gilt und in vielen Auflagen und Übersetzungen erschienen ist. Lavater war der Überzeugung, dass die Form der äußeren Teile des Menschen, besonders des Gesichtes, Aussagen über dessen Charakter zulässt. Die Physiognomik wurde sehr bald zur Modeerscheinung. Es gab aber auch heftige Kritik, u. a. in satirischer Form durch Lichtenberg. Auch Goethe und Herder gingen zu Lavater auf Distanz, zumal er sich für Spiritisten, Exorzisten, Magnetiseure usw. aussprach, in deren Handeln er göttliche Kräfte wirken sah. Lavater verfasste eine große Anzahl von theologischen Schriften, äußerte sich nach dem Ausbruch der Französischen Revolution zunehmend politisch. So kritisierte er die Invasion frz. Truppen in die Schweiz (1797). Seine politische Haltung führte dazu, dass er inhaftiert und 1799 für drei Monate nach Basel deportiert wurde. Nach seiner Rückkehr nach Zürich erhielt er im September 1799 eine Schussverwundung, an deren Folgen er Anfang Januar 1801 starb.