Lienert, Gustav A.
(1920–2001), [DIA, FSE], 1950 Promotion zum Dr. med. und 1952 zum Dr. phil., beides in Wien, 1961 habilitiert in Marburg, 1961–1964 ao. Prof. an der Universität Hamburg, 1964–1974 Prof. an der Universität Düsseldorf und 1974–1986 an der Universität Erlangen-Nürnberg in Nürnberg, 1976/77 Präsident der Deutschen Region der Internationalen Biometrischen Gesellschaft; emeritiert 1986; viele Ehrungen, u. a. Ehrendoktor an den Universitäten Colgate (1982), Graz (1991), Leipzig (1995) und Wien (2001); Honorarprofessuren an den Universitäten Wien (1983) und Würzburg (1991). In den frühen Phasen seiner Karriere interessierte Lienert sich vorwiegend für Pharmakopsychologie. Er führte Untersuchungen zu den Effekten von legalen (Coffein, Alkohol) und von Freizeitdrogen (LSD) durch. Lienerts Habilitationsschrift thematisierte die Effekte von LSD. Die Daten aus dieser Arbeit wurden bei der Diskussion von Interaktionen höherer Ordnung noch Jahrzehnte später als Bsp.daten verwendet. Zunehmend wendete sich Lienert den quant. Methoden der empirischen Sozialwissenschaften zu. Drei Themenbereiche beschäftigten ihn für den Rest seiner Karriere. Der erste Bereich betrifft die Testtheorie. Ein Klassiker wurde sein Text mit dem Titel «Testaufbau und Testanalyse», ein Lehrbuch zur klassischen Testtheorie. Der zweite Bereich betrifft die nicht parametrische Statistik. Lienert war federführend an der Entwicklung vieler nicht parametrischer Tests beteiligt. Diese Arbeiten kulminierten in dem dreibändigen Werk zu den verteilungsfreien Methoden. Der dritte Bereich betrifft eine neue Methode der Datenanalyse, die Lienert 1968 vorschlug, die Konfigurationsfrequenzanalyse (KFA). Werden Daten mit der KFA exploriert, werden Merkmalsprofile anstatt von Variablenzusammenhängen zum Gegenstand der stat. Analyse. Treten solche Profile häufiger auf als auf der Basis eines stat. Zufallsmodells erwartet, dann konstituieren sie Typen der KFA. Treten sie seltener auf, so konstituieren sie Antitypen der KFA. Lienerts Beiträge zur Disziplin der Ps. sind nicht nur durch seine bahnbrechenden und kreativen Arbeiten gekennzeichnet, sondern auch durch seine Förderung von Nachwuchstalenten. Diese Bemühungen sowie seine unterstützende, warmherzige und kooperative Persönlichkeit haben seine Position im Fach zementiert und entscheidend zu seiner anhaltenden Beliebtheit beigetragen.