Masse

 

[engl. mass], [SOZ], Bez. für die Menschenmenge, in der das Verhalten der Einzelnen eine hohe Gemeinsamkeit der Willensantriebe (Wille, Antrieb) und Gefühle zeigt. Außerdem ist Masse ein Oberbegriff für versch. Unterformen von Menschenansammlungen, die geringe Binnenstruktur haben, deren Mitglieder aber in irgendeiner Weise aufeinander bezogen sind, z. B. durch gleiche Aufmerksamkeitsobjekte (Publikum), gleiche expressive Tätigkeiten (festliche Massenveranstaltungen) oder gleiche Affekte (Wut, Ärger), Angst). Unterformen dazu sind: (1) aggressive Masse (beim Lynchen, Straßenschlacht, Aufruhr), (2) Flucht-(Escape-)Masse (kollektive Panik), (3) kaptative Masse (Hamsterkäufe, bank-run), (4) expressive Masse (Jubel-Verhalten auf Festen) (Brown, 1954). Masse bedeutet in der älteren Massenpsychologie jede Menschenansammlung und damit Bedingung für den Verlust rationaler Kontrolle, Zunahme der Suggestibilität, Gefühlsansteckung, Nachahmung, Gefühl der Allmacht und Anonymität für den Einzelnen (LeBon).

Masse ist in der exp. Massen.ps. (Moede, 1920) nichts anderes als das Nebeneinander von Menschen, die gleiche Arbeiten verrichten, wodurch die Menge der Leistungen der einzelnen Mitglieder einer gegenseitigen Beeinflussung unterliegt (Erleichterung, Hemmung, Nivellierung, Gruppeneffektivität). Kulturphil. ist Masse ein wertender Begriff, z. T. abgeleitet vom Massebegriff der älteren Massenps., aber ohne aktuelles Beieinandersein der Mitglieder der Masse (dispersed mass). Der Massenmensch ist danach der außengelenkte, manipulierte, Suggestionen der Propaganda und Mode unterworfene Zeitgenosse, der «aus zweiter Hand lebt» (Existenzialismus, Ortega y Gasset). Massenphänomene sind auch als kollektives Verhalten zus.gefasst worden (z. B. öffentliche Meinung).

Nach Turner & Killian (1957) ist es praktisch, Masse als die möglichen Kombinationen von drei Dimensionen zu klassifizieren: (1) individualistisch vs. kooperativ (d. h. im Publikum nebeneinander vs. gemeinsam handelnd, wie beim Lynchen); (2) fokussiert vs. diffus polarisiert (d. h. auf ein Objekt, z. B. alle Ausländer in der Gemeinde, gerichtete Aufmerksamkeit oder Aktivität der Masse); (3) aktiv vs. expressiv (d. h. auf Ziele außerhalb der Masse gerichtet, z. B. einem aversiven Reiz entfliehen vs. auf das Verhalten als Selbstzweck gerichtet, z. B. ein Volksfest feiern). crowding.

Referenzen und vertiefende Literatur

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