Pazifismus

 

[engl. pacifism; lat. pax Frieden, facere machen, herstellen], [SOZ], Mitte des 19. Jh. gebildetes Kunstwort, seit Anfang des 20. Jh. in Gebrauch als zus.fassende Bez. für alle Friedenskonzepte, Teilziele und friedenspolitischen Ansätze der Friedensbewegungen und -organisationen. Pazifismus beinhaltet im psychol. Sinn den Ggs. zu Militarismus (James, 1910, James, 1996 [1910]), insbes. als soziale Einstellung. Damit wird das Pazifismus-Konzept allerdings neg. (Ablehnung von Krieg als Mittel der Politik), nur bedingt handlungsbezogen und individualps. akzentuiert. Dagegen sah W. James Pazifismus (bzw. pacificism) ausdrücklich auch pos. und als in sich handlungsbezogen und offen für die kollektive Seite des Sachverhalts. Die Hauptquelle eines entspr. gehaltvolleren Verständnisses von Pazifismus als aktive Gewaltfreiheit (satjagraha, non-violence, Gütekraft) ist in der politischen Philosophie und Praxis von M. K. Gandhi (1869–1948) zu finden. Pazifismus in einem Gandhi-affinen Sinn avancierte erst im letzten Viertel des 20. Jh., im Zusammenhang der breiteren Auseinandersetzung mit Gandhis Politikansatz in den sozialen Bewegungen, zum achtbaren Gegenstand der psychol. Konflikt- und Friedensforschung. Neben analytisch-konzeptuellen Fragen werden Fragen der adäquaten Beschreibung und Erfassung aktiver Gewaltfreiheit, der Klärung ihrer psychol. Voraussetzungen und der Umfeld- und Aufrechterhaltungsbedingungen dauerhaften Engagements bearbeitet. Nicht zuletzt interessiert, wie genau die in Betracht kommenden Wirkungen «Bekehrung» (conversion), «Anpassung» (accommodation – ohne Einstellungsänderung), «erzwungenes Nachgeben» (coercion – keine Einstellungsänderung, nur Aufschub des Kampfes) oder «Machtzerfall» (disintegration) zustande kommen. Inwiefern Gewaltfreiheit als Lebenshaltung (prinzipielle vs. pragmatische Gewaltfreiheit) funktional relevant ist, wird kontrovers diskutiert. Das Verhältnis von Gewaltfreiheitsforschung und moderner Konfliktforschung ist erst ansatzweise ausgelotet.

Referenzen und vertiefende Literatur

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