Physiologische Psychologie

 

[engl. physiological psychology; gr. φύσις (physis) Natur, λόγος (logos) Wort, Lehre], [BIO], die Wiss. von den physiol.-psychol. Interaktionen im lebenden Organismus, von den Tätigkeiten und Reaktionen der Gewebe, Organe und Organkomplexe und dem Gesamtverhalten des Organismus in seiner Wechselwirkung mit den verschiedensten (spez. psychol.-kogn.) Umweltreizen einerseits und dem psych. Erleben andererseits. Die physiologische Psychologie ist heute ein interdisziplinäres Forschungsgebiet, an dem sich zahlreiche Disziplinen beteiligen. Wesentlichen Anteil haben Biologie, Ps. und Physiologie sowie Neuroanatomie, Neurophysiologie, Neuropsychopharmakologie und Neurochemie. Diese heute schon weit reichende Gesamtdisziplin wird in den USA auch als biological psychology oder psychobiology bez. Seit einigen Jahren im dt. Sprachraum entspr. als Biologische Psychologie oder Biopsychologie. Grundproblem der physiologischen Psychologie ist die kausalanalytische Aufklärung des Verhaltens, wobei der Problemkreis der Ps. entstammt, während die einzelnen Fragestellungen wesentlich durch die Anwendung eher physiol. Methoden mitbestimmt sind, obgleich der Begriff des Verhaltens dadurch nicht eingeschränkt sein muss, sondern jede Art umweltorientierter Aktivität oder Kommunikation mit der Umwelt einschließlich des kogn. Informationsaustauschs umfasst. Man kann sagen, dass die neuzeitliche physiologische Psychologie durch Joh. Müller (1. Lehrstuhl für Physiologie, Lehrbuch der Physiologie 1838 mit einer ersten systematischen Abhandlung über physiologische Psychologie) begründet wurde. In der Folge fand dieses Gebiet eine starke Förderung durch die Arbeiten von Wundt, der, ausgehend vom Leib-Seele-Problem der Psychophysik Webers und Fechners, eine Ps. entwickelte, die sich in wesentlichen Teilen auf physiol. Methodik gründet. Die neueren Entwicklungen der physiologischen Psychologie vollzogen sich dagegen im Wesentlichen in den USA (Grossman, Greenfield, Sternbach u. a.) sowie der ehemaligen UdSSR (Lurija, Sokolow).

Das Gesamtgebiet der physiologischen Psychologie wird in die folgenden, enger gefassten Teilgebiete aufgegliedert: (1) Neuropsychologie: Sie untersucht die Zusammenhänge zw. Verhalten und der Aktivität des ZNS (Nervensystem), insbes. des Gehirns. Sie arbeitet mit Methoden der Elektrophysiologie (psychophysiologische Methoden). (2) Psychophysiologie, vielfach auch syn. mit physiologischer Psychologie untersucht im Wesentlichen die Beziehungen zw. Verhalten und physiol. Prozessen, die indirekt die Tätigkeit des VNS widerspiegeln (z. B. Herzfrequenz, Atmung, Hautwiderstandsänderung, Hautwiderstand), wobei die dreifache Frage nach den physiol.-biol. Grundlagen, dem Erleben (Befinden und Bewusstsein; Interviewtechniken) und dem Verhalten (Beobachtungstechniken) im Vordergrund steht. Daher gehört zu den häufigsten Untersuchungen der Psychophysiologie die Bestimmung von Korrelationen zw. Verhalten und Aktivitäten von VNS-kontrollierten Erfolgsorganen unter versch. situativen Bedingungen (Greenfield & Sternbach, 1972). (3) Chemische Psychologie: Sie befasst sich mit den Beziehungen zw. Verhalten und chemischen Substanzen, die entweder von außen in den Organismus eingebracht werden (Pharmakopsychologie) oder biogen im Organismus selbst entstehen. Hierher gehören das Teilgebiet der Endokrinops. (Hormone und Verhalten) und die molare Psychogenetik (molekularbiol. Grundlagen des Verhaltens, Gedächtnis).

Zum Stand der Forschung: Orientierungsreaktion, Angst, Hunger, Traum, Ermüdung, Aktivierung, Schlaf, Stress. Praktische Anwendungen finden sich in zunehmendem Maße in der klin. Ps. und Psychosomatik (psychophysiol. Korrelate zur Kontrolle des Therapieerfolges), in der Verhaltenstherapie, bei der Psychopharmakotherapie, bei Hypnose und zur Konditionierung vegetativer und motorischer Verhaltensmuster.

Referenzen und vertiefende Literatur

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