Positive Psychologie
[engl. positive psychology; lat. ponere setzen, positum gesetzt], [EM, KLI], die positive Psychologie ist eine neue Richtung innerhalb der Ps., die 1998 formal begründet wurde. Als damaliger Präsident der American Psychological Association rief Martin E. P. Seligman zu einer verstärkten Ausrichtung psychol. Forschung und Praxis auf menschliche Stärken auf. Der Begriff positive Psychologie ist allerdings nicht neu, da er sich schon früher in Arbeiten von A. Maslow finden lässt. Ein Bestreben der positiven Psychologie ist es, die Ps. dahingehend zu komplettieren, dass auch (bisher in Forschung und Praxis) vergleichsweise vernachlässigte Themen, wie Zufriedenheit, Wohlbefinden, Talent, Stärken oder Tugenden verstärkt beachtet werden. Typ. Themen sind: (1) positives Erleben (z. B. positive Emotionen, Wohlbefinden, Lebenszufriedenheit); (2) positive Eigenschaften (z. B. Charakterstärken, Tugenden); und (3) positive Institutionen (Bedingungen, unter denen Institutionen wie Schulen, Familien oder Gemeinden persönliches Wachstum erlauben). Im Bereich des positiven Erlebens nimmt die Forschung zu positiven Emotionen einen bes. Stellenwert ein. Aufbauend auf den Arbeiten von Alice Eisen entwickelt Barbara Fredrickson die Broaden-and-build-Theorie positiven Emotionen (PE). Das Erleben PE lässt mehr Handlungs- und Gedankentendenzen zu (als negative Emotionen), diese können dann wieder positive Emotionen auslösen (positive Aufwärtsspirale) und es können sich neue Ressourcen (Ressourcenorientierung) entwickeln, die zum Wohlbefinden beitragen. Weitere Forschung zu PE beschäftigt sich mit der Frage, welche Arten von PE es gibt bzw. wie diese abgegrenzt und gemessen werden können. Zentral für Arbeiten zu positiven Eigenschaften ist Peterson & Seligmans (2004)Values-in-Action (VIA)-Klassifikation von Stärken und Tugenden. Aus der Literatur wurden moralisch positiv bewertete Eigenschaften abgeleitet (24 Charakterstärken) und je einer von sechs universellen Tugenden (Weisheit, Mut, Humanität, Gerechtigkeit, Mäßigung und Transzendenz) zugeordnet. Peterson und Seligman argumentieren, dass Charakterstärken die Mechanismen und Prozesse darstellen, um eine Tugend auszuleben (also z. B. Weisheit kann erreicht werden über die Stärken Neugierde, Liebe zum Lernen, Urteilsvermögen, Kreativität oder Weitsicht). Die 24 Charakterstärken können anhand eines Fragebogens (Values in Action Inventory of Strengths, VIA-IS) gemessen werden, den es auch in einer Fassung für Jugendliche gibt. Forschung zu positiven Institutionen wurde bislang vor allem in Schulen betrieben, in denen Projekte entwickelt wurden, die Schülern optimales persönliches Wachstum ermöglichen sollen. Andere Anwendungsgebiete sind die Arbeits- und Organisationsps. (z. B. Positive Organizational Behavior), Beratung (Positive Coaching) und klin. Anwendungen (Positive Psychotherapy). Als weitere Forschungs- und Anwendungsbereiche sind Fragen zum Wohlbefinden und der Lebenszufriedenheit, motivationspsychol. Aspekte (z. B. Selbstbestimmungstheorie), zu Positiven Interventionen oder Fragen eines gelingenden Alterns (Positive Aging) und viele mehr. In den letzten Jahren hat sich die positive Psychologie weiter professionalisiert, Gesellschaften und Fachzeitschriften wurden ins Leben gerufen. Charakterstärken und Tugenden.