projektive Identifizierung

 

[lat. proicere nach vorne werfen, idem derselbe, facere machen], [KLI], Melanie Klein hat den Begriff der projektiven Identifizierung 1946 im Zus.-hang ihrer Erforschung der emot. Frühentwicklung des Kindes ins psychoanalytische Denken (Psychoanalyse) eingeführt (Klein, 1995–2002; Notes on some schizoid mechanisms). Die projektive Identifizierung bezeichnet eine Gruppe unbewusster Vorgänge (Unbewusstes), die mit Projektion, abwehrbedingten Spaltungsmechanismen und der omnipotenten Kontrolle des Objekts zu tun haben. Sie gilt als der psych. Hauptmechanismus der sog. paranoid-schizoiden Position (Paranoiaschizoide Persönlichkeitsstörung), ist aber auch über diese Entwicklungsphase hinaus von hoher klin. Relevanz. Es geht um die Ausstoßung abgespaltener Selbst-Anteile (unerwünschte Impulse, Gefühle, Reize) und deren Hineinverlagerung ins Objekt, z. B. in die Mutter. Die Projektionsvorgänge dienen der Entlastung des Selbst von unerwünschten, Spannung, Angst und Schmerz verursachenden Anteilen und zielen auf die Manipulation und die Inbesitznahme des Objekts. Sie sind der Prototyp einer aggressiven, auf Omnipotenz gerichteten, archaischen Objektbeziehung. Wilfred R. Bion, der das Konzept unter entwicklungspsychol. wie behandlungstheoretischen Gesichtspunkten weiter ausgearbeitet hat, unterschied zw. normalen und pathologischen Formen der projektiven Identifizierung und machte auf ihre kommunikativen Funktionen aufmerksam. Danach kennzeichnet die projektive Identifizierung die frühesten Austauschvorgänge zw. Mutter und Kind. Bei ausreichender Aufnahmefähigkeit und Empathie kann die Mutter die unbewältigten emot. Zustände und Affekte, die der Säugling in sie hineinprojiziert, aufnehmen, verstehen, dadurch modifizieren und dem Säugling in erträglich gemachter Form zurückgeben, was die Integration des Ichs und sein Wachstum fördert. Je unzureichender diese Austausch- und Transformationsprozesse verlaufen, umso stärker greift der Säugling auf die Abspaltung unerträglicher Impulse und Affekte und deren projektiver Ausstoßung zurück. Ein übermäßiger Gebrauch der projektiven Identifizierung fördert Fragmentierungsprozesse, steigert persekutorische Vernichtungssängste und gilt als Grundlage schwerer Pathologien in der Ich-Entwicklung, der Borderlinestörung oder der Schizophrenie.

Referenzen und vertiefende Literatur

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