Psychopharmaka im Kindes- und Jugendalter

 

[engl. psychopharmacotherapy in childhood and adolescence], [PHA], bez. den Einsatz von Psychopharmaka zur Behandlung von psych. Erkrankungen bei Minderjährigen. Die hauptsächlich in der Kinder- und Jugendpsychiatrie verwendeten Psychopharmaka sind Stimulanzien, Antidepressiva und Antipsychotika. Indikationsgebiete sind für Stimulanzien hyperkinetische Störungen (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, ADHS), für Antidepressiva vornehmlich depressive Störungen (Depression), Angststörungen, Mutismus und Zwangsstörungen, für Antipsychotika bei Kindern und Jugendlichen Impulskontrollstörungen (sog. behavioral use) und Tic-Störungen. Daneben finden Antipsychotika wie in der Erwachsenenpsychiatrie Verwendung bei schizophrenen Psychosen (Schizophrenie) und zur Stimmungsstabilisierung. Aufgrund fehlender Zulassungsstudien sind viele Psychopharmaka oftmals nicht im Kindes- und Jugendalter zugelassen (off-label use). Dennoch finden sich für viele Substanzen in klin. Studien Hinweise für die Wirksamkeit, somit kann bei Störungsbildern wie ADHS, depressiven Störungen, Zwangsstörungen, Psychosen etc. evidenzbasiert (Evidenzbasierung) pharmakotherap. interveniert werden. Eine weitere Besonderheit der (Psycho-)Pharmakotherapie bei Minderjährigen ist, dass aufgrund des sich entwickelnden Organismus stoffwechselbedingt Wirkung, Nebenwirkungen, Dosis etc. vom Erwachsenen versch. sein können. Mit diesen Unterschieden in der Pharmakokinetik und -dynamik befasst sich die Entwicklungspsychopharmakologie. Die Tab. gibt einen Überblick über Indikationen und den Zulassungsstatus von Medikamenten im Kindes- und Jugendalter.

Indikationen und Zulassungsstatus für ausgewählte Arzneimittel im Kindes- und Jugendalter (Stand: Sommer 2011)1)
Arzneimittel (Präparat)Indikationen im Kindes- und JugendalterAlter
Psychostimulanzien und verwandte Substanzen
MethylphenidatADHSAb 6 Jahre
AtomoxetinADHS
AmphetaminsaftADHS
Antipsychotika
RisperidonImpulskontrollstörungen mit disruptivem Verhalten bei unterdurchschnittlicher IntelligenzAb 5 Jahre
ClozapinStörungen aus dem schizophrenen Formenkreis
Cave: Strenge Indikationsstellung und Monitoring
Ab 16 Jahre
Aripiprazol Schizophrenie und Manie Ab 15 Jahre
Ziprasidon Manische und gemischte Episoden bei bipolarer StörungAb 10 Jahre
Sulpirid SchizophrenieAb 6 Jahre
HaloperidolStörungen aus dem schizophrenen Formenkreis
Organisch bedingte psychotische Zustände
Akute Erregungszustände
Tic-Störungen (Tourette-Syndrom)
Ab 3 Jahre
ChlorprothixenPsychomotorische Unruhe- und Erregungszustände im Rahmen akuter psychotischer SymptomeAb 3 Jahre
LevomepromazinPsychomotorische Unruhe- und Erregungszustände im Rahmen akuter psychotischer SymptomeAb 16 Jahre (unter 16 Jahre mit Vorsicht)
PipamperonSchlafstörungen
Psychomotorische Erregungszustände
Unter 18 Jahre nur unter besonderer Berücksichtigung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses
PromethazinUnruhe und Erregungszustände im Rahmen psychiatrischer GrunderkrankungenAb 2 Jahre
MelperonSchlafstörungen
Verwirrtheitszustände und zur Dämpfung von psychomotorischer Unruhe und Erregungszuständen
Ab 12 Jahre
Antidepressiva
FluvoxaminZwangsstörungAb 8 Jahre
FluoxetinMittelgradige bis schwere depressive EpisodeAb 8 Jahre
SertralinZwangsstörungAb 6 Jahre
Diverse JohanniskrautpräparateLeichte bis mittelschwere depressive EpisodeAb 12 Jahren
Imipramin (Tofranil)Pavor nocturnus
Enuresis
Ab 4 Jahre
Clomipramin (Anafranil)Enuresis nocturna
Zwangsstörungen
Phobien
Panikstörungen
Ab 5 Jahre
TrimipraminDepressive StörungenAb 14 Jahre, aber Anwendungsbeschränkung unter 18 Jahre
Amitriptylin(-oxid)Depressive Störungen und SchmerzsyndromeOhne Altersangabe, aber Anwendungsbeschränkung unter 18 Jahre
DoxepinAngstsyndrome
Leichte Entzugssyndrome bei Alkohol- oder Opioidabhängigkeit
Kontraindikation Kinder unter 12 Jahre
Anxiolytika
DiazepamUnruhe- oder Erregungszustände, Status epilepticus, PrämedikationAb dem 6. Lebensmonat
Lorazepam (Tavor)Kurzzeitbehandlung von Angst-, Spannungs- und Erregungszuständen, PrämedikationKinder und Jugendliche unter 18 Jahre sollten nicht mit Lorazepam behandelt werden, außer nach strenger Indikationsstellung zur Sedierung vor diagnostischen sowie vor und nach operativen Eingriffen
Für Kinder unter 6 Jahren nicht empfohlen
OxazepamAngst-, Spannungs- und ErregungszuständeAb 7 Jahre
Antikonvulsiva
Topiramat Nicht in psychiatrischer Indikation
(Manie/Stimmungsstabilisierung) zugelassen
Für fokale Krampfanfälle
Ab 6 Jahre für neurologische Indikationen
LamotriginNicht in psychiatrischer Indikation
(Manie/Stimmungsstabilisierung) zugelassen
Ab 2 Jahre für neuologische Indikationen
CarbamazepinNicht in psychiatrischer Indikation
(Manie/Stimmungsstabilisierung) zugelassen
Prophylaxe bipolarer affektiver Erkrankungen, wenn Behandlung mit Lithium nicht ausreicht
Ab 0 Jahre für neurologische Indikationen
OxacarbazepinNicht in psychiatrischer Indikation
(Manie/Stimmungsstabilisierung) zugelassen
Neurologisch ab 6 Jahre
Valproat (einige Präperate)Für Behandlung von akuten Manien und zur Prophylaxe bipolarer Störungen, wenn andere Therapien nicht ausreichenOhne Altersangabe, aber Unbedenklichkeit und Wirksamkeit bei der Behandlung einer manischen Episode Bei einer bipolaren Störung nicht untersucht bei Patienten unter 18 Jahre
Generell auch in neurologischer Indikation bei kleineren Kindern
Nicht Mittel der 1. Wahl
Weitere Substanzen
LithiumProphylaxe bipolarer affektiver Erkrankungen
Behandlung manischer Episoden
Ab 12 Jahre
Opipramol Generalisierte Angststörung
Somatoforme Störungen
Ab 6 Jahre
1) Die Zulassungssituation unterliegt häufigen Veränderungen, z.B weil neue Befunde vorliegen. Diese Tabelle bietet nur eine Auswahl und Übersicht zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches. Verbindlich für Ärzte ist die Fachinformation.
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Referenzen und vertiefende Literatur

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