psychophysische Methoden
[engl. psychophysical methods], [BIO, DIA, WA], Psychophysik, psychophysische Methoden sind von Fechner (Fechner, Gustav Theodor; ElementederPsychophysik) im Jahr 1860 zus.gestellte drei klass. Methoden, um das Verhältnis zw. (eindimensionalen) physikal. Reizgrößen und ihrer Eindrucksbeurteilung (Empfindung) zu messen. Dazu benutzte er Schwellenbestimmungsmethoden, die, verglichen mit den direkten Methoden (Skalierung, Psychophysik), indirekte Verfahren sind. Ferner beschrieb er wesentliche Fehlerquellen (Raum-, Zeitfehler).
(1) Methodeder ebenmerklichen Unterschiede; Grenzverfahren, Methode der kleinsten wahrnehmbaren Unterschiede [engl. method of limits]. (a) Feststellung der (absoluten)Schwelle: Der physikal. Reiz (z. B. die Intensität eines Schalls) wird mehrmals in kleinen «unterschwelligen» Schritten von unhörbar bis hörbar gesteigert (aufsteigendes Verfahren) bzw. von hörbar bis unhörbar gemindert (absteigendes Verfahren). Die Vp gibt zu jedem Reiz ein Urteil ab, z. B. hörbar, nicht hörbar. Die errechneten Reizgrößen, die beim aufsteigenden und absteigenden Verfahren jew. in der Mitte liegen, werden gemittelt, und dieser Wert ist die Schwelle. Diese Methode wird hauptsächlich zur Bestimmung der unteren und oberen Schwelle, d. h. (Hör-)Grenze genutzt, und daher leitet sich der Name Grenzverfahren ab. (b) Zur Feststellung der ebenmerklichen Unterschiedsschwelle wird ein Vergleichsurteil erhoben. Ein Standardreiz wird vorgegeben. Die Vp soll vom Vl mehrmals auf- und absteigend vorgegebene Vergleichsreize danach beurteilen, ob sie größer, gleich oder kleiner sind als der Standardreiz. Die Vorgabe des Vergleichsreizes erfolgt im Regelfall nicht gleichzeitig mit der Vorgabe des jew. Standards. Es wird ein Unsicherheitsintervall berechnet als Differenz zw. dem Mittelwert der Reize, die in die Kategorienmitte zw. Größer- und Gleichurteile fallen, und dem Mittelwert der Reize, die in die Kategorienmitte zw. Kleiner- und Gleichurteile fallen. Die Hälfte dieses Unsicherheitsintervalles ergibt die ebenmerkliche Unterschiedsschwelle. Der Mittelpunkt des Unsicherheitsintervalles ist der Punktsubj.Gleichheit, dessen Größe üblicherweise nicht mit der des Standardreizes übereinstimmt. Die Differenz zw. Standardreiz und Punkt subj. Gleichheit wird als konstanter Fehler bez.
(2) Methode der richtigen und falschen Fälle; Konstanzverfahren [engl. method of constant stimuli], Frequenzmethode. (a) Zur Feststellung der Schwelle wird eine Serie gleichmäßig abgestufter physikal. Reize einer Vp mehrfach in Zufallsfolge vorgegeben. Diese Reizverteilung wird um den vermuteten Schwellenwert liegend gewählt. Die Reize bleiben während des Verfahrens konstant (Konstanzverfahren). Die Vp muss beurteilen, ob sie den jew. Reiz wahrnimmt oder nicht (richtige oder falsche Fälle). Es ergibt sich eine Verteilung der Häufigkeit (Frequenzmethode), mit der die einzelnen Reize wahrgenommen werden. Der Reiz, der in 50% der Fälle wahrgenommen wird, ist der Schwellenreiz. (b) Zur Feststellung der Unterschiedsschwelle werden Vergleichsreize mit dem Standardreiz, um den sie streuen, auf Gleichheit oder Ungleichheit verglichen. Es ergibt sich eine Häufigkeitsverteilung der Gleichurteile. Der Reiz, der in 50% der Fälle ein Gleichurteil erfährt, ist der Punkt subj. Gleichheit. Der konstante Fehler ergibt sich als Differenz zw. dem Standardreiz und dem Punkt subj. Gleichheit. Die ebenmerkliche Unterschiedschwelle ergibt sich als der (halbe) Bereich zw. dem 1. Quartil (25% der Gleichurteile fallen auf diesen Reiz) und dem 3. Quartil (75% der Gleichurteile) der Häufigkeitsverteilung. Dieser Bereich entspricht dem wahrscheinlichen Fehler. Es können auch mehrere Urteilskategorien vorgegeben werden (z. B. größer, gleich, kleiner). Die Berechnung der Unterschiedsschwelle kann auch stat. anders erfolgen. Signalentdeckungstheorie.
(3) Methode der mittleren Fehler; Herstellungsverfahren, Methode der Reizfindung [engl. method of average error, adjustment method]. (a) Schwellenbestimmung: Die Vp selbst (Methode der Reizfindung) variiert physikal. Reize im Schwellenbereich (z. B. mittels Lautstärkeregler), bis sie den Reiz gerade noch wahrnimmt. Das Mittel aus mehreren Wiederholungen ist die Schwelle. (b) Unterschiedsschwellenbestimmung: Die Vp variiert mehrmals einen physikal. Vergleichsreiz solange um einen Standardreiz hin- und herpendelnd, bis sie einen Gleicheindruck hat. Das Mittel der Reize, die diesem Gleicheindruck entsprechen, ist der Punkt subj. Gleichheit, die Standardabweichung dieser Reize entspricht der ebenmerklichen Unterschiedsschwelle. Der wesentliche Unterschied zum Grenzverfahren besteht darin, dass die Vp ein Gleichurteil über den Standard- und Vergleichsreiz abgibt.
Die versch. Methoden führen zu unterschiedlichen Schwellenmaßen. Wird die Funktion über den Zusammenhang zw. den Standardreizen eines physikal. Kontinuums und den jew. zugehörigen Schwellen (Empfindungsgrößen) hergestellt, ergibt sich das Fechner’sche Gesetz (Weber-Fechner-Gesetz). Das Anliegen der klassischen Psychophysik wurde weiterentwickelt bzw. verändert aufgenommen in der Skalierung. Durch die heutigen Möglichkeiten, Standard- und Vergleichsreize computergesteuert vorzugeben und die Urteile online auszuwerten, ist es möglich, den Vorgabebereich der Reize entspr. der Reaktionsweise der Vp adaptiv einzustellen. Durch diese Möglichkeiten ergeben sich vielfältige Abwandlungen der klass. Vorgabe- und Auswertungsverfahren.