Reaktanz, gesundheitliche Aspekte
[engl. reactance, health-related aspects], [EM, GES, SOZ], wird einer Person durch Ge- oder Verbote ihre Freiheit eingeschränkt, so entsteht Reaktanz (= R.), deren Ziel die Wiederherstellung der bedrohten Freiheit ist. Dies geschieht z. B. dadurch, dass das bedrohte Verhalten «jetzt erst recht» ausgeübt wird oder dass es attraktiver wird. Die zur Wiederherstellung oder Erhaltung von Gesundheit notwendigen Therapien umfassen häufig Verhaltensempfehlungen («nehmen Sie unbedingt dieses Medikament N Tage lang», «gehen Sie täglich eine Stunde spazieren», «hören Sie auf zu rauchen»), die von den Pat. als Bedrohung ihrer Handlungsfreiheit wahrgenommen werden können. Die aus dem therapeutischen Einflussversuch – z. B. den Konsum von Alkohol zu reduzieren – resultierende Reaktanz könnte die Konformitätsbereitschaft verringern oder sogar zu einem gegenüber vorher erhöhten Alkoholkonsum führen. Auch bei Medien-Anzeigen gegen z. B. Drogen- oder Alkoholkonsum muss mit Reaktanz gerechnet werden, wenn die Botschaft direktiv und damit freiheitsbedrohend wahrgenommen wird. Gesundheitskampagnen wirken umso eher ihrem Ziel entgegengesetzt, je deutlicher sie als Einflussversuch wahrgenommen werden und damit zu Reaktanz führen, womit das verbotene Verhalten attraktiver werden kann. Ist die Stärke der persönlichen Reaktanz-Tendenz bekannt, so kann eine Therapie darauf abgestimmt werden. Z. B. haben in einer Anti-Rauchen-Studie Personen mit hohen Reaktanz-Werten weniger Zigaretten geraucht, wenn sie wenig Ratschläge erhielten, als wenn sie viele Ratschläge erhielten. In der Psychotherapie wird Reaktanz therap. nutzbar gemacht, indem Klienten in Form einer paradoxen Intention das Gegenteil des gewünschten Verhaltens verordnet wird, um so bei hoch reaktanten Personen die zur Besserung notwendige Verhaltensänderung herbeizuführen.