Reziprozität
[engl. reciprocity; lat. reciprocare hin- und zurückfließen], [AO, SOZ, WIR], Reziprozität bedeutet, pos. oder neg. Handlungen einer anderen Person in gleicher Weise zu erwidern. In einem klass. sozialpsychol. Exp. (Regan, 1971) wurde gezeigt, dass der Erhalt eines kleinen Geschenks (ein Softdrink) die Bereitschaft steigert, einer späteren Bitte der schenkenden Person (Lose zu kaufen) nachzukommen. Reziprozität kann unterschiedlich motiviert sein (Motivation, Motiv) – etwa durch Eigeninteresse oder reziproken Altruismus. Mit starker Reziprozität wird daher Verhalten bez., bei dem eigene Ressourcen zur Belohnung pos. Verhaltens oder zur Bestrafung neg. Verhaltens geopfert werden, obwohl dadurch weder aktuelle noch zukünftige materielle Vorteile entstehen (Fehr et al., 2002). Reziprozität wird als soziale Norm verstanden (Gouldner, 1960), welche die Stabilität in sozialen Systemen erhöht. Die Norm wird auch durch indirekte Reziprozität verstärkt – etwa indem erhaltene Hilfe dazu führt, unbeteiligte Dritte zu unterstützen, oder indem Personen bestraft werden, die sich Dritten gegenüber nicht reziprok verhalten. In der Konsumps. ist Reziprozität für Verkaufstechniken und Geschenke relevant. In der Verhaltensökonomie dient Reziprozität zur Erklärung von Kooperation in Ultimatum-, Vertrauens- und Public-Good-Spielen (Dilemma, soziales) und exp. Arbeitsmärkten. In der Organisationsps. ist Reziprozität als Grundbestandteil des psychologischen Vertrags relevant für Commitment oder kontraproduktives Verhalten in Organisationen.