Schulversagen

 

[engl. school failure], [KLI, PÄD], mit dem Eintritt in die Schule, in Dt. i. d. R. im Alter von sechs Jahren, beginnt für alle Kinder eine lange Zeit der Bildung und Ausbildung (Aus- und Fortbildung), die nicht in jedem Falle reibungslos verläuft. Nicht allen Kindern gelingt es, die vorgegebenen Lernziele in der dafür vorgesehenen Zeit zu erreichen, was im Verlauf der Schullaufbahn ganz unterschiedliche Folgen haben kann. Zu berücksichtigen sind hier versch. Schulversagensformen wie Zurückstellung vom Schulbesuch, Klassenwiederholung, Wechsel in eine niedrigere Schulstufe, fehlender Schulabschluss und Beschulung bei sonderpäd. Förderbedarf. Die versch. Formen von Schulversagen machen deutlich, dass der Begriff kein diagnostischer Terminus im Sinne einer Störung ist, die in einem Klassifikationssystem psychischer Störungen (Klassifikation psychischer Störungen) zu finden wäre. Es handelt sich vielmehr um einen Sammelbegriff für die genannten Phänomene, die mit Abweichungen von der normalen Schullaufbahn einhergehen. Aufseiten des Schülers gehen dem Schulversagen Lernschwierigkeiten voraus, die je nach Umfang und Dauer zu einer Form des Schulversagens führen können. Von Lernschwierigkeiten wird gesprochen, «wenn die Leistungen eines Schülers unterhalb der tolerierbaren Abweichungen von verbindlichen institutionellen, sozialen und indiv. Bezugsnormen (Standards, Anforderungen, Erwartungen) liegen oder wenn das Erreichen (bzw. Verfehlen) von Standards mit Belastungen verbunden ist, die zu unerwünschten Nebenwirkungen im Verhalten, Erleben oder in der Persönlichkeitsentwicklung des Lernenden führen» (Weinert & Zielinski, 1977, 292).

Grundsätzlich kommen als mögliche Ursachenfaktoren für Lernschwierigkeiten und das damit potenziell verbundene Schulversagen interne, d. h. in der Person des Schülers begründete Faktoren, externe, d. h. außerhalb des Schülers zu verortende Faktoren sowie moderierende Bedingungsfaktoren infrage. Es ließe sich auch differenzieren zw. intellektuellen oder kogn. (Intelligenz, Kognition, Denken), motivationalen (Motivation), verhaltensmäßigen oder auch sozialen Beeinträchtigungen, die das Schulversagen bedingen, häufig miteinander verbunden in einem komplexen Bedingungsgefüge. Kinder können Schwächen oder Störungen in Teilleistungsbereichen (Lernstörungen, Entwicklungsstörungen, umschriebene) entwickeln (Lesen, Schreiben), auf die häufig die Diagnose nach ICD-10 Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten (F 81) zutrifft. Obwohl diese Lernstörungen bereichsspezif. sind und mit unbeeinträchtigter Intelligenz einhergehen (IQ > 70, Diskrepanzkriterium), können sie aufgrund ihrer Chronizität zu massiven Leistungsrückständen und in der Folge zu Schulversagen führen. Aber auch generelle Lernbehinderungen (i. S. unterdurchschnittlicher Intelligenz) oder Aufmerksamkeitsstörungen (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) können die Teilnahme am Regelunterricht beeinträchtigen. Die hohe Komorbidität von Lernstörungen und Aufmerksamkeitsstörungen erhöht zusätzlich das Risiko für Schulversagen. Nicht selten führen kritische Lebensereignisse (Life-Event, kritisches) wie Trennung oder Scheidung der Eltern, Umzug, Verlust wichtiger Bezugspersonen (Freunde), psych. oder körperliche Krankheiten der Eltern oder andere psychosoziale Belastungsfaktoren (Belastung, psychische) zu vorübergehenden oder länger andauernden Anpassungsstörungen, die mit zumindest zeitweiligem Schulversagen einhergehen.

Referenzen und vertiefende Literatur

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