Sedierung
[engl. sedation; lat. sedare beruhigen, hemmen], [BIO, PHA], unter Sedierung wird ein Zustand herabgesetzter neuronaler Aktivität verstanden, der sich in psych. Symptomen äußert (Entspanntheit, affektiver Distanziertheit, Angstfreiheit, Müdigkeit), teilweise in neurologischen Begleiterscheinungen (verwaschener Sprache, unsicherem Gang), sich zudem psychophysiol. bemerkbar machen kann (niedrigfrequente EEG-Aktivität, langsamer Puls, herabgesetzte Muskelspannung). Wie ihr Gegenstück, die Aktivierung, dürfte die Sedierung wesentlich mit der Feuerungsrate des im Hirnstamm gelegenen aufsteigenden retikulären aktivierenden Systems (ARAS) zus.hängen (Gehirn). An der Sedierung sind diverse Neurotransmittersysteme beteiligt. Eine zentrale Rolle spielen GABAerge Synapsen (bei denen also die Übertragung mittels des hemmenden Neurotransmitters GABA = Gamma-Amino-Buttersäure erfolgt). Von den drei bekannten Typen von GABA-Rezeptoren ist der GABAA-Rezeptor (präziser: der GABAA-Benzodiazepinrezeptor-Komplex, Benzodiazepine) sehr genau untersucht. Er besteht aus fünf Bindungsstellen, wovon zwei der Anlagerung des eigentlichen Transmitters GABA dienen, zwei weitere, an denen u. a. die Benzodiazepine (die wichtigste Gruppe der Sedativa) andocken können und dadurch zur Sensibilisierung der GABA-Bindungsstellen führen, schließlich eine Einheit, an der Barbiturate ansetzen (mutmaßlich auch Alkohol) und dort ähnliche Wirkung wie GABA ausüben. Die genannten Substanzen führen direkt oder indirekt über Öffnung des vom Komplex kontrollierten Chloridionenkanals zu verminderter Erregbarkeit des subsynaptischen Abschnitts. Ebenfalls sedierende Wirkung hat die Besetzung der Rezeptoren für endogene Opioide (daher Sedierung durch exogene Opioide wie Morphin). Auch Anregung von Acetylcholinrezeptoren hat mutmaßlich diesen Effekt; so wirkt das einen best. Typus dieser Bindungsstellen anregende Nikotin i. d. R. beruhigend und antiaggressiv. Sedierung ist ebenfalls zu erreichen durch Hemmung von aktivierenden Transmittersystemen. Blockade von -Rezeptoren für das auch als Neurotransmitter fungierende Histamin macht bekanntlich müde (unangenehme Nebenwirkung der zur Linderung von Heuschnupfen eingesetzten Antihistaminika, erwünschter Effekt der auf diesem Prinzip basierenden Schlaf- und Beruhigungsmittel). Blockade von Bindungsstellen für den erregenden Transmitter Glutamat (z. B. durch Alkohol) wirkt gleichfalls sedierend. Auch die sowohl Noradrenalin- wie Dopaminrezeptoren blockierenden Neuroleptika haben einen dämpfenden Effekt (der möglicherweise jedoch auf der gleichzeitigen Blockade von Histaminrezeptoren basiert). Diesbzgl. letztlich unklar ist die Rolle des Transmitters Serotonin. Sedierend wirken auch einige pflanzliche Mittel (Baldrian, Hopfen, Lavendelöl), wobei deren Angriffspunkte noch weitgehend unklar sind.