Selbsttheorien der Persönlichkeit

 

[engl. self-theories of personality], [PER], der Begriff Selbst hat in den modernen Persönlichkeitstheorien (Persönlichkeit, Persönlichkeitspsychologie) seit W. James (1890) eine zweifache Bedeutung bekommen: Einerseits ist er def. als das Total der Einstellungen und Gefühle sich selbst gegenüber, andererseits wird er definiert als eine Gruppe von psych. Prozessen, die das Verhalten im Sinne einer optimalen Umweltanpassung steuern. Diese zwei Auffassungen des Selbstkonzepts sind so unterschiedlich, dass es besser wäre, je einen eigenen Ausdruck einmal für das Selbst als Objekt, ein andermal für das Selbst als Prozess (Psychoanalyse), als dynamisches Ego (James), als transzendentales Ich (Kant) zu prägen. In den gegenwärtigen Theorien wird das Selbst sowohl in der einen wie in der anderen Bedeutung gebraucht. In keiner modernen Selbsttheorie jedoch, ob sie nun das Selbst als Objekt oder als Prozess auffasst oder auch (in undifferenzierter Weise) als beides, hat es noch die Bedeutung eines inneren Männchens, welches das Verhalten steuert: als Homunculus, Mann in der Brust oder als leibunabhängige Seelensubstanz. Vielmehr versteht man unter dem Selbstbegriff das Objekt psychischer Prozesse bzw. diese Prozesse selbst, die alle dem naturwiss. kausalen Erklärungsschema genügen müssen. Das Selbst ist also heute kein Begriff mehr mit metaphysischem oder religiösem Bedeutungsgehalt, sondern ein hypothetisches Konstrukt, das als (logisches) Zwischenglied zw. der Stimulierung des Organismus und seiner Reaktion fungiert. Die modernen Selbsttheorien repräsentieren in ihrer Vielfalt einen Versuch, best. Erlebens- und Verhaltensphänomene, wie sie sich aus mehr oder weniger kontrollierter Selbst- und Fremdbeobachtung ergeben, zu beschreiben und in einen wiss. Erklärungszusammenhang zu bringen. Auch in der Sicht dynamischer Selbsttheorien (vorwiegend psychol. Provenienz) bedeutet das Selbst als Tür (vgl. Freuds (Psychoanalyse) Akt-Ich, dessen Konzeption bereits bei Brentano zugrunde gelegt war) nichts anderes als einen Komplex von Steuerungsprozessen. Als phänomenales Selbst (Snygg & Combs, 1949) oder als System persönlicher Konstrukte (Kelly, 1955; Kelly, George Alexander) liegen Versuche vor, das Selbstkonzept als analytische Einheit im Bedingungssatz indiv. Verhaltens für die Weiterentwicklung der Persönlichkeitsps. fruchtbar zu machen. Auch die theoretische Integration mit den Bereichen der Wahrnehmungs-, Entwicklungs-, Sozial-, Päd. und Klinischen Ps. wird mit dem Ziel einer weiteren Nutzbarmachung des Selbstkonzepts verfolgt. Das Problem einer adäquaten Operationalisierung ist allerdings noch nicht gelöst.

Referenzen und vertiefende Literatur

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