Sprachentwicklungsstörung, spezifische (umschriebene)
[engl. specific (developmental) language impairment/disorder], [EW, KLI], äußert sich meistens in einem verspäteten Sprechbeginn (late talker) und in einer Sprachentwicklungsverzögerung, was ursächlich nicht auf sensorische oder hirnorganische Störungen, Fehlbildungen der Sprechwerkzeuge, tiefgreifende Entwicklungsstörungen, Intelligenz-, sozial-emot. Defizite oder ein defizitäres natürliches Sprachangebot bei ansonsten altersgemäßem Entwicklungsstand zurückzuführen ist. Der Intelligenzquotient (IQ), gemessen mit einem nonverbalen Intelligenztest, muss > 85 sein. Nicht alle Kinder mit spezifischer Sprachentwicklungsstörung sind late talker. Eine spezifische Sprachentwicklungsstörung ist in der ontogenetischen Entwicklung von Anfang an vorhanden, kann aber nicht vor dem 3. Altersjahr diagnostiziert werden; sie tritt in allen Sprachen auf, die ein Kind im jungen Alter natürlich erwirbt, und ist genetisch bedingt. Mit einer Auftretenshäufigkeit von 6–8 % zählt sie zu den häufigsten Entwicklungsstörungen im jungen Kindesalter und kann die gesamte Entwicklung folgenschwer beeinträchtigen. Jungen sind zwei- bis dreimal häufiger betroffen als Mädchen. Eine expressive Form der spezifischen Sprachentwicklungsstörung wird von einer rezeptiven unterschieden (vgl. ICD-10: F80.1 expressive Sprachstörung; F80.2 rezeptive Sprachstörung). Die Diagnose erfolgt über med. resp. psychol. Ausschluss (Exklusions)kriterien sowie durch die Ermittlung der expressiven und rezeptiven Anteile der Störung auf den einzelnen linguistischen Ebenen, die in ihrem Ausmaß in einer def. Diskrepanz (Diskrepanzkriterium) zur jew. Altersnorm (Normierung) stehen müssen. Die Notwendigkeit einer rechtzeitigen Therapie ist unumstritten. 40–80 % der Kinder mit spezifischer Sprachentwicklungsstörung weisen noch Jahre später Residualsymptome auf. Spezifische Sprachentwicklungsstörungen stellen ein Risiko für die gesamte Entwicklung dar (psychosoziale Folgeprobleme; Schwierigkeiten beim Schriftspracherwerb; Schulleistungsschwierigkeiten; Probleme beim Aufbau sprachlich vermittelten Wissens). Der gegenwärtige Kenntnistand zu spezifischen Sprachentwicklungsstörungen ist in einer S2k-Leitlinie zus.gefasst, die bei der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Med. Fachgesellschaften (AWMF) als ein Instrument der Qualitätsentwicklung online abzurufen ist: [www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/049-006.html]. Sie liegt auch in Buchform vor (de Langen-Müller et al., 2012). Sprachentwicklung. Internat. sind Terminus spezifische Sprachentwicklungsstörungen wie auch die Kriterien nicht unumstritten (Bishop et al., 2017; Reilly et al., 2014).