Sprachlateralisierung

 

[engl. language lateralization; lat. lateralis seitlich], [BIO, KOG], Sprachlateralisierung (wie auch die Lateralisierung der Handfunktion, Händigkeit, Lateralität) ist ein Bsp. für eine funktionale zerebrale Asymmetrie, die auf Unterschiede in der Informationsverarbeitung zw. der linken und rechten Hirnhemisphäre zielt (Gehirn). Gehörte Sprache aktiviert ein bilaterales frontotemporales Netzwerk bei linkshemisphärischer Dominanz und ebenso ist die Sprachproduktion bei den meisten Menschen linkshemisphärisch lateralisiert. Bei Rechtshändern liegt in ca. 92–95 % der Fälle zerebral eine Linkslateralisierung von Sprachfunktionen vor, bei Linkshändern in etwa 70–85 % (der jew. Rest ist rechtshemisphärisch lateralisiert oder bihemisphärisch). Die Häufigkeit atypischer Sprachlateralisierung ist bei gesunden Linkshändern und bei Beidhändern höher als bei gesunden Rechtshändern (22 % vs. 4–6 %; Szaflarski et al., 2002). Das EEG-Frequenz-Beta-Band (Elektrodiagnostik) stellt den funktional reliabelsten EEG-Marker für sprachhemisphärische Dominanz dar (Spironelli & Angrilli, 2010).

Bei Frauen soll die Sprachlateralisierung weniger ausgeprägt sein als bei Männern, was den Informationsaustausch zw. ihren Hirnhemisphären erhöht (strukturelles Korrelat ist ein dickeres Corpus callosum, deren Kommissurenfasern u. a. die posterioren Sprachareale beider Hemisphären miteinander verbinden, Gehirn, strukturelle und funktionelle Geschlechtsunterschiede). Nicht zuletzt werden bessere Sprachleistungen von Frauen darauf zurückgeführt. Die empir. Evidenz hierfür ist aber unklar. Sind Mädchen pränatal einem hohen Testosteroneinfluss ausgesetzt, ist dies ihrer linkshemisphärischen Sprachverarbeitung förderlich, bei Jungen hingegen schränkt dieser den Informationstransfer über den Corpus callosum ein (Lust et al., 2010). Rechts- wie auch Linkshänder mit linkshemisphärischer Sprachlateralisierung haben einen Rechts-Ohr-Vorteil, Linkshänder mit rechtshemisphärischer Sprachlateralisierung zeigen einen Links-Ohr-Vorteil (van der Haegen et al., 2013). Es gibt Hinweise auf die Beteiligung genetischer Faktoren (Genetik) am Sprachlateralisierungsgrad. Die Hirnregionen zwei Tage alter Säuglinge, die durch Sprache getriggert werden, gleichen schon denen, die später bei Kindern und Erwachsenen aktiv sind, wenngleich die Lateralisierung der involvierten links- und rechtshemisphärischen Areale weniger ausgeprägt ist (Perani et al., 2011). Für die Sprachlateralisierung bei links- wie auch bei rechtshändigen Kindern scheinen ähnliche Mechanismen zuständig zu sein, was aus ähnlichen Zuwachsraten in der linkshemispärischen Lateralisierung im Alter von 5 bis 18 Jahren abgeleitet wird. Läsionen (Hirnschädigung) in den Sprachzentren in den ersten 5 Lebensjahren können eine atypische Sprachlateralisierung zur Folge haben.

Die Bestimmung der Sprachlateralisierung geschieht mittels funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT), funktioneller Dopplersonografie (fTCD), Positronen-Emissions-Tomografie (PET), transkranieller Magnetstimulation (TMS)dichotischer Hörtestung oder Verhaltensdaten zur Händigkeit, selten mit dem invasiven Wada-Test (intracarotidale Natriumamytaltestung). Die Sensitivität von fMRI für eine atypische Sprachdominanz beträgt 83,5 % (95 %-CI: 80,2–86,7 %), die Spezifität 88,1 % (95 %-CI: 87,0–89,2 %), verglichen mit dem Wada-Test (Dym et al., 2011). Die Kombination von dichotischer Hörtestung und fMRI ist einer Untersuchung mit nur einem Verfahren überlegen (Norrelgen et al., 2012).

Referenzen und vertiefende Literatur

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