Stress- und Immunreaktion, präoperative
[engl. preoperative stress and immune reaction], [GES], die Befindlichkeit vor einem operativen Eingriff übt einen deutlichen Einfluss auf körperliche Stressreaktionen nach dem Eingriff und damit auf die Qualität der postoperativen Erholung aus. Bspw. stellt man bei Patienten mit hoher Stressbelastung vor dem Eingriff eine verminderte Leistungsfähigkeit des Immunsystems nach der Operation fest. Dadurch erhöht sich das Risiko einer verzögerten Wundheilung und anderer klinischer Komplikationen (z. B. Infektionen). Die wahrgenommene Stressbelastung hängt dabei entscheidend mit dem Geschlecht, dem Alter und dem sozioökonomischen Status zus. Frauen, ältere Pat. und Personen aus einkommensschwachen Gesellschaftsschichten sind besonders stark belastet. Auch eine hohe Ausprägung in Persönlichkeitseigenschaften wie Ängstlichkeit und Neurotizismus und die Wahrnehmung, dass man nur schlecht sozial durch Freunde und Familie unterstützt wird, trägt zu einer erhöhten Belastung, körperlichen Stressreaktionen und deren physiol. Folgen (z. B. stärkere Schmerzen, häufigere Komplikationen) bei. Studienergebnisse weisen darauf hin, dass Stress und Schmerzen durch die mit ihnen verbundenen endokrinen und immunologischen Reaktionen die Wundheilung verzögern und zu postoperativen Komplikationen beitragen können. Die Wundheilung ist zwar nur einer von mehreren postoperativen Genesungsbereichen, jedoch ist er von zentraler Bedeutung für den Genesungsfortschritt in der ersten Zeit nach der Operation. Kiecolt-Glaser et al. (1998) schlagen ein Modell vor, in dem skizziert wird, wie psych. Reaktionen und postoperative Genesung zus.hängen könnten (s. Abb.). Linn et al. (1988) untersuchten den Einfluss präoperativ empfundener Belastung auf prä- und postoperative Immunreaktionen. Tatsächlich zeigten sich bei Pat. mit hoher präoperativer Stressbelastung eine verringerte Immunfunktion (geringere In-vitro-Lymphozytenaktivität auf die Mitogene PHA, ConA, PWM) und häufigere postoperative Komplikationen sowie ein höherer Schmerzmittelverbrauch als bei Pat. mit geringerem Stressniveau.
