Strukturgenese

 

[engl. structural genesis; lat. structura Bau, Ordnung, gr. γένεσις (genesis) Geburt, Entstehung], [EW, KOG], Strukturen gibt es überall auf der Welt, und fast alle Wiss. handeln davon. Unter Strukturen versteht man eine best. Menge von Elementen, die zueinander in spezif. Beziehungen stehen, wodurch ein best. Ganzes entsteht. Der Begriff Strukturgenese kann entspr. vielerorts verwendet werden, wurde aber in der Entwicklungstheorie v. a. durch Jean Piaget prominent (Entwicklung, Stufentheorie nach Piaget). Er verstand unter (kognitiven!) Strukturen organisierte Verbindungen von Erkenntnis- oder Assimilationsschemata. Nach seinem Verständnis bauen sich kogn. Strukturen im Umgang mit strukturierten Erkenntnisgegenständen auf (Konstruktivismus). Entwicklungsmässig frühe kogn. Strukturen sind einfach und gestatten entspr. nur vereinfachte Erkenntnisse über die Welt. Im Lauf der Auseinandersetzung mit der Welt werden kogn. Strukturen komplexer und flexibler. Strukturgenese geschieht vielfältig, manchmal sehr lokal oder nur indiv. Vor allem aber bilden sich Strukturen auf versch. Repräsentationsstufen. Piaget hat funktionsfähige Strukturen mit math. Begriffen zu beschreiben versucht. So basiert für ihn die sensu-motorische Fähigkeit (sensu-motorische Entwicklungsstufe), von A nach B zu gehen und den Heimweg nach A wieder zu finden, auf einer Negation (AB + BA = 0), die konkret-operatorische Fähigkeit (konkret-operatorische Entwicklungsstufe), die Unverändertheit einer Wassermenge trotz Eintauchens eines festen Gegenstands, auf einer Identitätsaktion (x + 0 = x) oder die formal-operatorische Fähigkeit (formal-operatorische Entwicklungsstufe), von zwei ungleichen Reihenfolgen von Additionen mit Zahlen das gleiche Ergebnis zu erwarten, auf der Erkenntnis ihrer Assoziativität von Additionen (4 + 2 + 6 = 6 + 2 + 4). Strukturen streben im Lauf ihrer Genese, d. h. im Lauf der Entwicklung, Gleichgewichte an (Äquilibration). Damit meint Piaget Kompatibilität der in der Strukturen verbundenen Assimilationsschemata, d. h. Widerspruchsfreiheit und Zusammensetzbarkeit je nach Handlungsziel. Piaget spricht von Reversibilität und meint damit beliebige Umkehrbarkeit und Kombinierbarkeit innerhalb der Erkenntnis- und Handlungsstrukturen.

Referenzen und vertiefende Literatur

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