Theorie des zentralen Kerns
[engl. theory of central nucleus, fr. théorie du noyau central], [KOG, SOZ], wird als eine Erweiterung der Theorie der sozialen Repräsentationen (soziale Repräsentationen; = s. R.) erachtet. Sie beschreibt die strukturelle Dimension der s. R., demnach sich die Inhalte der s. R. (auch: Episteme) in zentrale und periphere Komponenten gliedern lassen. Diese Unterscheidung erfolgt anhand der Funktion, die die Inhalte in der jew. R. haben. Die Theorie des zentralen Kerns findet bes. bei den empirischen und meth. Arbeiten zu s. R. Beachtung. Die Elemente des zentralen Kerns einer R. konstituieren die inhaltliche Bedeutung einer R. So wären z. B. für die s. R. «Euro» Elemente wie «Währung» und «neues Zahlungsmittel» zentrale, weil normative und bedeutungsgebende Inhalte. In den empirischen Studien zeichnen sich die Kernelemente oft dadurch aus, dass sie linguistisch denotativ sind, also die Hauptbedeutung einer s. R. erfassen. Der zentrale Kern einer s. R. erweist sich insofern bes. veränderungspersistent und zeitlich stabil. Heterogene oder auch inhaltlich widersprüchliche Kernelemente (z. B. «altes» vs. «neues Zahlungsmittel») weisen hingegen bei der Datenananalyse auf versch. s. R. hin. Die peripheren Elemente erfüllen drei Funktionen für den normativen Kern einer s. R.: Konkretisierung, Adaptierung und Schutz. In der Peripherie der s. R. kommen Verankerungs- und Objektivierungsleistungen zum Ausdruck. Z. B. wird «Euro» als Zahlungsmittel analog zum «Dollar» (Verankerung mit Währungsprototypen) repräsentiert und als Münzen, Scheine und Preise («Teuro») objektiviert. Laut Theorie des zentralen Kerns erfüllen die peripheren Inhalte die Funktion eines semantischen Stoßdämpfers. Es ist auch in der Peripherie der s. R., dass sich unterschiedliche Stakeholdergruppen einer s. R. empirisch identifizieren lassen.