Vorstellung, bildhafte

 

[engl. pictorial imagination, visual mental imagery], [KOG], Menschen berichten oft, dass sie sich etwas «vor dem inneren Auge» vorstellen (Vorstellung), wenn sie sich an etwas erinnern (Erinnerung, Gedächtnis) oder Probleme lösen (Problemlösen). Die Erinnerung erscheint dann fast so lebendig und anschaulich wie eine tatsächliche visuelle Wahrnehmung. Beim Problemlösen sollen solche bildhaften Vorstellungen verwendet werden, um Alternativen zu durchdenken und sich «auszumalen», was unter best. Bedingungen der Fall sein könnte. Die kognitionspsychol. Forschung hat dieses subj. Erleben zum Forschungsgenstand gemacht und untersucht, ob derartige bildhafte Vorstellungen in kogn. Prozessen kausal wirksam sind. Dazu gibt es drei Grundauffassungen: In der visual mental imagery theory noch Kosslyn wird angenommen, dass bildhafte Vorstellungen nicht nur subj. erlebt werden, sondern auch eine spez. Art der mentalen Repräsentation darstellen. Bildhafte Vorstellungen sind demnach Repräsentationen, die nicht nur die Bedeutung wahrgenommener Sachverhalte repräsentieren, sondern auch deren oberflächliches Erscheinungsbild. Bildhafte Vorstellungen ähneln deshalb mentalen Repräsentationen, die direkt durch die Stimulation der Retina durch einfallendes Licht hervorgerufen werden. Bildhafte Vorstellungen repräsentieren damit Farben (Farbe), Formen, Texturen von Objekten sowie deren räumliche Beziehungen und Distanzen. Sie können abgesucht und vor dem «inneren Auge» manipuliert werden wie tatsächliche Wahrnehmungen. Laut der mental imagery theory basieren bildhafte Vorstellungen darauf, das visuelle Hirnareale (insbes. der primäre visuelle Kortex, Gehirn) nicht nur durch die tatsächliche Wahrnehmung aktiviert werden (Bottom-up-Verarbeitung), sondern auch durch den Abruf visueller Information aus dem Langzeitgedächtnis (top-down-Verarbeitung) aktiviert werden können. Die propositionale Theorie des bildhaften Vorstellens von Pylyshyn und anderen bestreitet das subj. Erleben anschaulicher Denkprozesse (Denken) nicht, aber nimmt an, dass diese Vorstellungen in kogn. Prozessen nicht genutzt werden. Geistige Prozesse beruhen demnach auf einer universellen Sprache des Geistes (language of thought, Geist), in der zwar die Bedeutung wahrgenommener Sachverhalte repräsentiert wird, jedoch nicht ihre oberflächlichen perzeptuellen Merkmale (Perzeption). Die Grundlage dieser Repräsentationen sind Propositionen, also die kleinsten bedeutungstragenden Einheiten, denen ein Wahrheitswert (wahr, falsch) zugewiesen werden kann. Mit diesen Propositionen wird die Bedeutung des Repräsentierten «beschrieben». Bildhafte Vorstellungen sind demnach nur ein Epiphänomen, aber für das Erinnern und Denken irrelevant. Im sog. imagery debate wurden die empirische Evidenz und die theoretischen Implikationen der visual mental imagery theory und der propositionalen Theorie des bildhaften Vorstellens diskutiert. Eine dritte Position zur Rolle bildhafter Vorstellungen beim Denken ist die space to reason theory. Anschauliches Denken beruht demnach auf abstrakten räumlichen Repräsentationen und visuellen Vorstellungen. Die räumlichen Repräsentationen sind spatial layout models, mit denen nur die räumlichen Relationen zw. Objekte und Sachverhalten repräsentiert werden. Auch Relationen, die an sich nicht räumlich sind, werden räumlich repräsentiert und verarbeitet. Solche spatial layout models sind die Grundlage vieler Denk- und Problemlöseprozesse. Sie werden jedoch durch bildhafte Vorstellungen begleitet, die allerdings im kogn. Prozess selbst nicht kausal wirksam sind. In vielen Fällen können bildhafte Vorstellungen den Denkprozess sogar beeinträchtigten, weil sie mit dem relevanten räumlichen Inferenzprozessen interferieren (Interferenz). anschauliches Denken.

Referenzen und vertiefende Literatur

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