Wahrheit, wahr
[engl. truth, true; lat. veritas/gr. ἀλήθεια (aletheia) Wahrheit], [PHI], Übereinstimmung zw. Behauptung und Sachverhalt. Oberstes Kriterium ist das obj. Sein, die Wirklichkeit. Als wahr wird auch ein Urteil genommen, wenn «das gegenteilige unmöglich evident» sein kann (Brentano). Evidenz. Unabh. von der Frage der Gültigkeit solcher Wahrheit, die nicht nur von phil. Interesse ist (Philosophie), hat es die Ps. mit der Bedeutung der Wahrheit gegenüber Irrtum, Lüge usw. zu tun, d. h. einerseits mit dem, was man als Wahrheitswillen bezeichnet (der sich in versch. Prägung vom Sarkasmus, Wahrheitsfanatismus bis zur echten Werthaltung gegenüber dem Wahrheitserleben darbietet), und andererseits mit der Wahrheit innerhalb der Gedächtniszuverlässigkeit. Letzteres ist auch als eigenes Gebiet (Aussagepsychologie, Ps. der Aussage (Glaubhaftigkeitsbegutachtung) bes. beachtet worden, wobei das Problem der Zeugenzuverlässigkeit eingehend erforscht worden ist. W. Stern gab 1903–1905 eine eigene Zeitschrift, Beiträge zur Psychologie der Aussage heraus, die sich nicht nur mit der Bedeutung dieses Problems in der Rechtspflege, sondern auch in der Pädagogik, Psychiatrie und Geschichtsforschung befasste. Im Zeichen des damaligen Interesses stand auch das bekannte, von dem Strafrechtler v. Liszt durchgeführte Experiment im kriminalistischen Seminar der Berliner Universität, bei dem auf Anregung Sterns ein vorher abgesprochener Ablauf eines Streites mitten in der Vorlesung nach dem Ereignis vielfach entstellt und übertrieben von den Zeugen wiedergegeben wurde.