Wertwandel
[engl. change in values], [SOZ], die seit Ende der 1960er-Jahre v. a. von Inglehart (1977) sowie Klages und Kmieciak (1979) vertretene Auffassung einer durchgreifenden Änderung materialistischer in postmaterialistische Werte in westlichen Industriegesellschaften. Während sich materialistische Werte hauptsächlich auf Arbeitstugenden, physische und ökonomische Sicherheit, auf Selbstbeherrschung und Sparsamkeit beziehen, dominieren bei postmaterialistischer Wertorientierung Partizipationsbedürfnisse, Gruppenzugehörigkeit und Solidarität, Selbstverwirklichungstendenzen und hedonistische Lebensweisen. Die zur These eines Wertwandels vor allem an Jugendlichen und jungen Erwachsenen durchgeführten Untersuchungen (Jaide, 1983) blieben nicht ohne Widerspruch. Kritisiert wurde u. a. die schmale, nicht sehr zuverlässige empirische Datenbasis des behaupteten Wertwandels, die ungenügende Trennung von Kohorten-, Lebenszyklus- und aktuellen wirtschaftlichen Anpassungseffekten sowie der zu kurze Erhebungszeitraum für die angestellten Vergleiche (lediglich 6–8 Jahre, keine wirklichen Längsschnittstudien; Längsschnittuntersuchung).
In der gegenwärtigen Situation einer fundamentalen Umstellung von Produktionsbedingungen und weltweiten Marktverhältnissen (Globalisierung), u. a. verbunden mit einer Reduktion gewohnter Leistungen des sozialen Sicherungssystems, hat die sozial- und gesellschaftspolitische Diskussion um Arbeits- und Freizeitwerte viel von ihrer ursprünglichen Bedeutung verloren (Jänicke, 1992). Zu diesem Bedeutungsverlust beigetragen haben die wechselseitigen Einflussnahmen und Durchmischungen von Arbeits- und Freizeitorientierungen. Wertkriterien wie Autonomie und Eigenverantwortung, Spaß und Zufriedenheit, Sinnerfüllung und Engagement gelten heute als weithin anerkannte Gesichtspunkte für die Beurteilung der Attraktivität von Arbeitsplätzen und Berufstätigkeit (Opaschowski, 1989, 1993; Arbeitsgestaltung).
Auf der anderen Seite werden Freizeittätigkeiten (Freizeit) instrumentell ausgeübt, spielen leistungsbezogene Dimensionen wie körperliche Fitness, Gesundheitsvorsorge bzw. effektive Erholung und berufliche Rehabilitation eine große Rolle für die Bestimmung des Freizeitwertes. Hinzu kommen Status- und Prestigefaktoren zur gesellschaftlichen Einordnung der präferierten Freizeittätigkeiten sowie auf der personalen Ebene Einschätzungen unter dem Aspekt der Glücksmaximierung und Selbstverwirklichung (Georg, 1995).